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VDIV-Beirats-Newsletter - Ausgabe 2/2021

VDIV-Beirats-Newsletter - Ausgabe 2/2021

1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht, Datenschutz

Klimageräte gehören nicht zu den durch das WEMoG privilegierten baulichen Veränderungen

Endlich ist der Sommer da, die heißen Monate beginnen. Doch wo Sonne ist, ist nicht immer Schatten. Sonneneinstrahlung kann Wohnungen, aber auch gewerbliche Einheiten unerträglich aufheizen. In einem aktuell entschiedenen Fall aus der Rhein-Main-Gegend hatte ein Wohnungseigentümer darauf geklagt, dass ihm die Installation eines Split-Klimagerätes gestattet wird. Die Klage scheiterte.

Mit Beschluss vom 20.4.2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen 2-13 S 133/20 wies das Landgericht Frankfurt/Main die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Friedberg (Hessen) zurück, weil das Rechtsmittel nach einhelliger Ansicht der Kammer keine Aussicht auf Erfolg und keine grundsätzliche Bedeutung hatte. Die Entscheidung ist gespickt mit zahlreichen Aussagen zum Wohnungseigentumsgesetz in seiner seit dem 1.12.2020 geltenden Neufassung (WEMoG).

Der Fall

Die Parteien der Beschlussklage sind die beiden einzigen Eigentümer einer verwalterlosen Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese wurde 1983 gegründet und besteht aus Reihenhäusern, wobei jedes Reihenhaus eine eigene Untergemeinschaft bildet. Die Wohneinheit der Kläger besteht unter anderem aus dem Dachgeschoss. Die Kläger beabsichtigen, auf dem Dach eine Klimaanlage anzubringen, und zwar das Außengerät eines aus Innen- und Außenteilen bestehenden Split-Klimasystems. Zur Verbindung des Außenteils mit dem Innenteil ist die Durchbohrung des im gemeinschaftlichen Eigentum befindlichen Daches erforderlich. Die Kläger klagen auf Feststellung, dass dazu die Zustimmung der Beklagten entbehrlich ist. Hilfsweise beantragen sie Verurteilung der Beklagten zur Zustimmung, was gerichtlich als Beschlussersetzungsklage gewertet wird. Vom Gesetz abweichende Vereinbarungen über die Zulässigkeit der Vornahme baulicher Veränderungen scheint es in der Gemeinschaftsordnung nicht zu geben, denn in der gerichtlichen Entscheidung findet sich dazu nichts.

Die Entscheidung

Die Klage scheiterte in beiden Instanzen. Der Hauptantrag sei bereits deshalb chancenlos, weil nach neuem Recht gemäß § 20 WEG jede bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums zwingend einer Beschlussfassung durch die Eigentümer bedürfe, selbst wenn niemand über das gesetzlich zulässige Maß hinaus beeinträchtigt werde. Der Hilfsantrag, den das Gericht demgemäß als Beschlussersetzungsklage deutet, sei unbegründet, weil die Kläger keinen Anspruch auf das Klimagerät und infolgedessen auch nicht auf eine diese legitimierende Beschlussfassung hätten. Einen Anspruch auf Gestattung baulicher Veränderungen kenne das WEMoG nur für die vier in § 20 Abs. 2 WEG aufgelisteten privilegierten baulichen Veränderungen. Klimageräte gehörten nicht dazu. Selbst wenn zum neuen Recht schon jetzt diskutiert werde, ob man die Vorschrift hier und dort etwas weiter auslegen müsse (z. B. zukünftige technische Fortentwicklungen, mediale Versorgung aus verfassungsrechtlichen Gründen), fielen Klimageräte auch bei einer unterstellten Zunahme von Hitzelagen im Rhein-Main-Gebiet nicht hierunter. Schon 1983 habe es heiße Sommer gegeben. Dies sei den Klägern bei Erwerb bewusst gewesen, ebenfalls die Tatsache, dass das Dach ungedämmt ist und sich bei hoher oder langer Sonneneinstrahlung stark erhitze.

Fehle es an einer privilegierten baulichen Veränderung und einer Mehrheit, die für die bauliche Veränderung stimmt, schaue der bauwillige Eigentümer nach dem Willen des neuen Gesetzes in die Röhre, wenn – wie hier – die bauliche Maßnahme Beeinträchtigungen mit sich bringe, die über das gesetzlich zulässige Maß hinaus gingen. Dies lasse sich § 20 Abs. 3 WEG entnehmen, der insoweit – was also die Schwelle der Beeinträchtigung betreffe – in seiner Strenge an die frühere Gesetzeslage (§ 22 Abs. 1 Satz 2 WEG aF) anknüpfe. Das Landgericht sieht zwei Beeinträchtigungen, erstens das Durchbohren des Daches, zweitens die von außen sichtbare Veränderung des optischen Erscheinungsbildes durch Außengerät und Trittstufe davor.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Wohnungseigentümer, die für sich individuelle bauliche Veränderungen am Sondereigentum oder am gemeinschaftlichen Eigentum beabsichtigen, sollten dies vor Baubeginn anzeigen und die erforderliche Beschlussfassung herbeiführen. Der Beschluss bindet auch Sondernachfolger, kann also künftigen Streit vermeiden. Für bauliche Veränderungen am gemeinschaftlichen Eigentum gilt § 20 WEG. Für bauliche Veränderungen des Sondereigentums gilt § 20 WEG gemäß § 13 Abs. 2 WEG mit der Maßgabe entsprechend, dass es keiner Gestattung bedarf, soweit keinem der anderen Eigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst.

ine Beschlussersetzungsklage ist erst zulässig, nachdem die Eigentümerversammlung mit dem Baubegehren vergeblich vorbefasst wurde. Ausnahmen sind anerkannt, beispielsweise eine schon vorher ausdrücklich erklärte Ablehnung bei eindeutiger Stimmenlage. In einer Zweiergemeinschaft etwa erscheint es als reine Förmelei, die Versammlung abstimmen zu lassen, wenn der andere Eigentümer bereits sein Nein zum Ausdruck gebracht hat und dies dokumentiert ist (zu Beweiszwecken für den Kläger).

Bauwillige Eigentümer müssen in Situationen wie der vorliegenden „weg von der baulichen Veränderung“ (§ 20 WEG) und „hin zur ordnungsmäßigen Verwaltung“ (§§ 18 Abs. 2; 19 Abs. 2 WEG) argumentieren. Die Abgrenzung ist stets vom Einzelfall abhängig und juristisch anspruchsvoll. Ist Sondereigentum durch seine bauliche Beschaffenheit infolge von sonnenbedingter Aufheizung für Menschen ohne gesundheitliche Risiken nicht nutzbar, sind Gegenmaßnahmen nicht zwingend als bauliche Veränderung einzustufen. Auch öffentlich-rechtliche (z. B. Landesbauordnungen) oder sonstige gesetzliche Vorgaben (z. B. Arbeitsstättenverordnungen) an die Nutzung von Aufenthaltsräumen in Wohnungs- oder Teileigentum (z. B. Sonnenschutz, Klima- und Kältetechnik) können relevant sein, da ihre Erfüllung grundsätzlich ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, also nichts mit einer baulichen Veränderung zu tun hat.

Eine Mieterhöhung kann für jede abgeschlossene Modernisierungsmaßnahme erfolgen

Der Vermieter kann mehrere Mieterhöhungen gemäß § 559b Abs. 1 BGB geltend machen, wenn es sich bei den jeweils abgeschlossenen baulichen Maßnahmen um tatsächlich trennbare Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b BGB handelt. Dies hat der BGH mit seinem Urteil vom 28.04.2021 anknüpfend an seine bisherige Rechtsprechung entschieden.

Der Fall

Der Vermieter einer Wohnung kündigte gegenüber den Mietern mit Schreiben aus Februar 2017 die Durchführung zahlreicher Arbeiten zur Modernisierung des Mietobjekts an. Neben verschiedenen Maßnahmen zur Einsparung von Energie sollten erstmalig eine Balkonanlage angebaut und Wohnungseingangstüren mit verbessertem Schall-, Wärme-, Brand- und Einbruchschutz eingebaut werden. Die voraussichtliche Dauer der Arbeiten sollte laut Vermieter 25 Wochen betragen. Die voraussichtliche Mieterhöhung wurde mit 235 Euro pro Monat angegeben.

Im Juni 2018 machte der Vermieter unter Berufung auf die zwischenzeitlich durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen die Erhöhung der monatlichen Grundmiete ab September 2018 von bisher 445,03 Euro auf künftig 677,10 Euro und damit um 232,07 Euro geltend. Zu diesem Zeitpunkt waren die Wohnungseingangstüren noch nicht erneuert. Deren Einbau erfolgte erst im November 2018. Die Kosten hierfür wurden der Berechnung der Mieterhöhung nicht zu Grunde gelegt. Die Mieter zahlten die erhöhte Miete nur unter Vorbehalt und beriefen sich auf den fehlenden Abschluss des aus ihrer Sicht untrennbaren Gesamtmodernisierungsvorhabens. Mit ihrer eingereichten Klage forderten die Mieter die Rückzahlung der überzahlten Miete sowie die Feststellung, dass der Vermieter die erhöhte Miete erst ab einer neuen Mieterhöhungserklärung verlangen könne. Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Laut Berufungsgericht war die Mieterhöhungserklärung wirksam, auch wenn die Wohnungseingangstüren erst danach eingebaut worden seien. Die bereits durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen seien von dem Einbau der Wohnungseingangstüren unabhängig, da unterschiedliche Gewerke betroffen seien. Mit der zugelassenen Revision verfolgten die Mieter ihr Klagebegehren weiter.

Die Entscheidung

Der BGH folgt der Beurteilung des Berufungsgerichts, so dass die Revision zurückzuweisen war. Nach den Ausführungen des BGH sei es zutreffend, dass der fehlende Abschluss der Modernisierungsmaßnahmen nach § 555b Nr. 1, Nr. 3 bis Nr. 6 BGB der Mieterhöhung nach § 559 Abs. 1 BGB (alte Fassung) nicht entgegenstehe, da der noch ausstehende Einbau der Wohnungseingangstüren von den bereits ausgeführten baulichen Maßnahmen trennbar sei. Grundsätzlich könne zwar ein Mieterhöhungsverlangen erst nach Abschluss der Arbeiten gestellt werden. Soweit jedoch tatsächlich trennbare Maßnahmen durchgeführt werden, können mehrere Mieterhöhungserklärungen für die jeweils abgeschlossenen Maßnahmen erfolgen. Die Kostenbeteiligung über die §§ 559 ff. BGB sei laut BGH auch nicht unangemessen, da der Mieter auch vor Beendigung sämtlicher Maßnahmen von den bereits abgeschlossenen Arbeiten profitiere (siehe auch BGH-Urteile vom 17. Dezember 2014 – VIII ZR 88/13 und vom 17. Juni 2020 – VIII ZR 81/19).

Auch habe das Berufungsgericht richtigerweise darauf abgestellt, dass der Einbau der Wohnungseingangstüren ein von den übrigen Maßnahmen unterscheidbares Gewerk betreffe. Die anderen Arbeiten an den Fenstern, den Balkonen, am Haustürvordach, der neuen Haustür sowie der Dämmung seien durch das Einbringen neuer Wohnungseingangstüren nicht betroffen gewesen. Etwas anderes folge auch nicht aus der Ankündigung sämtlicher Modernisierungsmaßnahmen in einem einheitlichen Schreiben. Wie der BGH ausführt, sei von den Vorinstanzen das Ankündigungsschreiben in angemessener Weise als Auslegungshilfe zur Beurteilung der Trennbarkeit der Maßnahmen berücksichtigt worden. Richtig war aber der daraus gezogene Schluss, es habe sich vorliegend gerade nicht um ein untrennbares Gesamtmodernisierungsvorhaben gehandelt, und die Miete könne erst nach Abschluss sämtlicher Arbeiten erhöht werden. Allein die einheitliche Ankündigung der Maßnahmen reichten hierfür nicht, so der BGH. Der Mieter sei ausreichend dadurch geschützt, dass jede Mieterhöhungserklärung den Anforderungen des § 559b BGB genügen müsse.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. April 2021, VIII ZR 5/20
Vorinstanzen:
LG Osnabrück, 11. Dezember 2019, Az. 1 S 152/19
AG Osnabrück, 23. April 2019, Az. 48 C 33/19

Erstes Grundsatzurteil zum WEMoG: BGH rettet Prozessführungsbefugnis des Einzelklägers in Altverfahren!

Dieses Urteil wurde mit Spannung erwartet. Wollte der Gesetzgeber mit Inkrafttreten des neuen WEG am 1.12.2020 (WEMoG) dem Einzelkläger seine nach altem Recht bestehende Prozessführungsbefugnis wirklich einfach so „weggrätschen“? Oder würde dies über das Ziel hinausschießen? Der Bundesgerichtshof (BGH) sieht eine planwidrige Gesetzeslücke im Übergangsrecht und schließt sie mit einer Analogie zugunsten des Klägers. Dieser kann und darf zu Ende prozessieren, solange die Gemeinschaft weiterhin die Füße stillhält.

Mit Urteil vom 7.5.2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 299/19 hat der BGH entschieden, dass in bereits vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte (hier: Beseitigung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB) geltend macht, in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG nF (neue Fassung) fortbesteht, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs (z. B. Verwalter) über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft zur Kenntnis gebracht wird. Bislang liegt nur die Mitteilung der Pressestelle des BGH vor. Schon darin finden sich interessante Ausführungen mit hoher Praxisrelevanz. Die vollständige Urteilsbegründung wird in den kommenden Wochen folgen und möglicherweise Gegenstand eines weiteren Beitrags sein.

Der Fall

Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Baden-Württemberg. Das eine Grundstück steht im Eigentum des Klägers und einer weiteren Person, die zusammen eine Wohnungseigentümergemeinschaft bilden. Ihr Grundstück grenzt in dem Bereich des Gartens, an welchem dem weiteren Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht zusteht, unmittelbar an das Grundstück der Beklagten. 2011 pflanzten die Beklagten auf ihrem Grundstück entlang dieser Grenze vier Zypressen mit einem Grenzabstand von unter vier Metern. Der Kläger verlangt deren Beseitigung gemäß § 1004 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 16 Abs. 1 Nr. 4 Nachbarrechtsgesetz Baden-Württemberg (NRG BW), hilfsweise den Rückschnitt der Bäume auf eine Höhe von maximal 3,5 Metern.

Das Amtsgericht Mannheim hat der Klage im März 2019 im Hauptantrag stattgegeben. Das Landgericht Mannheim hat die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 22.11.2019 zurückgewiesen. Mit der Revision möchten die Beklagten die Abweisung der Klage erreichen. Sie berufen sich darauf, dass der Kläger seine Prozessführungsbefugnis am 1.12.2020 „über Nacht“ nachträglich verloren habe, weil die Ausübungsbefugnis für Abwehransprüche aus dem gemeinschaftlichen Eigentum seitdem allein und ausschließlich der Gemeinschaft zugeordnet sei, nicht mehr den einzelnen Wohnungseigentümern

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Vorinstanzen. Der Kläger als einer der beiden Wohnungseigentümer der Zweiergemeinschaft sei weiterhin prozessführungsbefugt, da ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft nicht belegt sei. Zu Recht habe daher das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Beseitigung der Zypressen bejaht, den dieser allein und ohne Beschluss der Gemeinschaft oder individuelle Zustimmung des zweiten Wohnungseigentümers (und Sondernutzungsberechtigten an der Gartenfläche) geltend machen durfte.
Der Fall sei nach der Überleitungsvorschrift des § 48 Abs. 5 WEG zu beurteilen, der indessen für die vorliegende Fallkonstellation eine planwidrige, vom Gesetzgeber also nicht gesehene, Regelungslücke aufweise. Gemäß § 48 Abs. 5 WEG seien für die bereits vor dem 1.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren die Vorschriften des dritten Teils des WEG, also des Verfahrensrechts (§§ 43 ff. WEG), in ihrer bis dahin geltenden Fassung weiter anzuwenden. Hierzu heißt es in der Gesetzesbegründung, dass die Änderungen des Verfahrensrechts im WEMoG anhängige Gerichtsverfahren unberührt lassen sollen mit der Folge, dass Altverfahren, die am 1.12.2020 bereits bei Gericht anhängig sind, nach den bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Vorschriften (§§ 43 ff. WEG aF) zu Ende zu führen seien (Bundestags-Drucksache 19/8791, Seite 86 noch zu § 48 Abs. 4 WEG-Entwurf, jetzt Abs. 5).

Die Regelungslücke ergäbe sich offenbar daraus, dass der neue § 9a Abs. 2 WEG, der die Ausübungsbefugnis jetzt der Gemeinschaft zuordnet, nicht zum Verfahrensrecht gehört, sondern in den materiellen Vorschriften des ersten Teils (§§ 1-30 WEG) zu finden ist. Diese Regelungslücke hätte der Gesetzgeber, hätte er sie erkannt, mit einer Regelung geschlossen, die sich – so der BGH – an der Vorschrift des § 48 Abs. 5 WEG orientiert, zugleich aber auch den verfahrensrechtlichen Charakter von § 9a Abs. 2 WEG einbezogen hätte, was im Ergebnis dazu führen müsse, dass die Prozessführungsbefugnis eines einzelnen Wohnungseigentümers nicht schon durch das bloße Inkrafttreten der Neuregelung entfallen dürfe. Der Gesetzgeber könne nicht gewollt haben, dass ein Gerichtsverfahren, selbst wenn es – wie im vorliegenden Fall – schon seit Jahren anhängig und über mehrere Instanzen geführt worden sei, für beide Parteien gänzlich nutzlos würde und im Ergebnis nur erheblichen Aufwand und Kosten verursacht hätte.

Die Gemeinschaft habe die gerichtliche Rechtsverfolgung vor dem 1.12.2020 nicht durch einen Beschluss an sich gezogen. Daher müsse nunmehr davon ausgegangen werden, dass sie sich weiterhin nicht in den für sie fremden Prozess eines Wohnungseigentümers einmischen wolle. Solange dem Gericht ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft aber nicht zur Kenntnis gebracht werde, bestehe daher für ein Altverfahren die individuelle Prozessführungsbefugnis des Wohnungseigentümers fort. Ein solcher entgegenstehender Wille der Gemeinschaft müsse dem Gericht laut BGH in Gestalt einer schriftlichen Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs (z. B. Verwalter) zur Kenntnis gebracht werden.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Will die Gemeinschaft einen laufenden Störungsabwehrprozess, z. B. auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen oder sonst störenden Nutzung oder auf Beseitigung/Rückbau einer baulichen Veränderung, übernehmen, entspricht es in der Regel ordnungsmäßiger Verwaltung, den bislang prozessierenden Kläger von den ihm entstandenen Prozesskosten freizustellen. In Betracht kommt auch, ihn dazu zu ermächtigen, seinen Prozess in gewillkürter Prozessstandschaft zu Ende zu führen. Grundsätzlich wird es auf beiden Seiten (Kläger und Gemeinschaft) hierfür berechtigte Interessen geben.

Will der klagende Wohnungseigentümer sich seine Prozessführungsbefugnis nicht nehmen lassen, wird er ihm nachteilige Beschlüsse gegebenenfalls mit der Anfechtungsklage und im einstweiligen Rechtsschutz bekämpfen müssen. Es kann im Einzelfall ordnungsmäßiger Verwaltung widersprechen, einem auf der Siegerstraße befindlichen Kläger nach Jahren den Prozess kurz vor dem Ziel zu vermasseln. Unter Umständen ist das Ermessen der Mehrheit dahin reduziert, die Prozessführung des Klägers zu genehmigen.

Wie wäre es nach dem neuen WEG 2020 (WEMoG)?

Hätte der Kläger seine Klage nach dem 30.11.2020 bei Gericht eingereicht, wäre sie unzulässig. Wohnungseigentümern fehlt in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum und dessen Schutz vor Störungen die Prozessführungsbefugnis. Die Ausübungsbefugnis liegt bei der Gemeinschaft (§ 9a Abs. 2 WEG). Will der Einzelne klagen, muss er sich seitens der Gemeinschaft die Prozessführungsbefugnis zuweisen lassen, also durch einen Mehrheitsbeschluss.

Geht es nicht um Störungen seitens eines Nachbarn oder sonstigen Dritten, sondern um Beeinträchtigungen durch Miteigentümer innerhalb der Gemeinschaft, sind individuelle Klagen dann zulässig, wenn sich der Abwehranspruch nicht ausschließlich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum, sondern zumindest auch aus dem Sondereigentum ergibt, wie z.B. bei Trittschallbeeinträchtigungen oder Geruchsemissionen in den eigenen vier Wänden (Sondereigentum). Hier ist und bleibt der Sondereigentümer Rechtsinhaber und als solcher allein zur außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsverfolgung berechtigt, ohne dass die Gemeinschaft ihm dies streitig machen kann. Entsprechende Versuche durch Beschluss wäre mangels Beschlusskompetenz nichtig. Die Verwaltungshoheit des Sondereigentümers über sein Sondereigentum ist insoweit mehrheitsfest. Andererseits ist es denkbar, dass der Sondereigentümer die Gemeinschaft zur Prozessführung ermächtigt, etwa dann, wenn zusätzlich Ansprüche aus dem gemeinschaftlichen Eigentum zu verfolgen sind, die der gesetzlichen Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft unterliegen.

BGH: Vorschuss zur Erstellung korrekter Jahresabrechnung doch denkbar, wenn vom Verwalter nur das Zahlenwerk gefordert wird!

Im Jahr 2016 entschied der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), der nicht der für das Wohnungseigentumsrecht zuständige Fachsenat ist, dass die Zwangsvollstreckung eines Titels auf Erstellung der Jahresabrechnung für einen Abrechnungszeitraum, in dem der Schuldner zum WEG-Verwalter bestellt war, eine unvertretbare Handlung betrifft und daher vollstreckungsrechtlich kein Kostenvorschuss gefordert werden kann. Jetzt hatte der u. a. für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat Gelegenheit zur Stellungnahme. Er schließt sich dem I. Zivilsenat prinzipiell an, unterscheidet aber feinsinniger. Der Fall war noch nach altem Recht zu beurteilen, gilt aber laut BGH auch zum neuen WEG (WEMoG).

Mit Urteil vom 26.02.2021 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 290/19 entschied der BGH, dass die Aufstellung der Jahresabrechnung als Zahlenwerk durch den Verwalter werkvertraglichen Charakter habe, so dass die Gemeinschaft von ihm, insbesondere wenn er in Verzug sei, einen Vorschuss für die Erstellung bzw. Neuerstellung der Jahresabrechnung verlangen könne. Voraussetzung sei, dass die Gemeinschaft nur das Zahlenwerk fordere, also nicht uneingeschränkt eine Jahresabrechnung einschließlich der Versicherung des Verwalters, dass er alle Einnahmen und Ausgaben des Abrechnungszeitraums nach bestem Wissen vollständig und richtig angegeben habe.

Der Fall

Die Beklagte ist Ex-Verwalter und war vom 25.07.2005 bis zum 03.09.2009 zum Verwalter der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft bestellt. Im Rahmen dieser Tätigkeit erstellte sie die Jahresabrechnungen 2005 bis 2008. Die Beschlüsse, durch die die Jahresabrechnungen 2005 bis 2007 genehmigt worden waren, wurden in einem früheren Gerichtsverfahren rechtskräftig für ungültig erklärt. Über die Jahresabrechnung 2008 war damals nicht beschlossen worden. Die Beklagte erstellte nach Prozessende alle Jahresabrechnungen neu und legte sie der Eigentümerversammlung vom 09.11.2012 vor. Die Versammlung lehnte die Genehmigung ab. Stattdessen wurde beschlossen, einen Rechtsanwalt zu beauftragen, die Beklagte mit Fristsetzung aufzufordern, „die vorliegenden fehlerhaften und unschlüssigen Jahresabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2008… schlüssig und nachvollziehbar neu zu erstellen“. Mit Schreiben vom 14.12.2012 forderte der von der Klägerin beauftragte Rechtsanwalt unter Fristsetzung und Klageandrohung zur Neuerstellung der vier Jahresabrechnungen auf. Die Beklagte ließ mit anwaltlichem Schreiben vom 25.01.2013 mitteilen, die von ihr vorgelegten Jahresabrechnungen seien formell und materiell richtig, so dass die erneute Erstellung abgelehnt werde.

Die Klägerin verklagt die beklagte Ex-Verwalterin in erster Linie auf Zahlung eines Vorschusses für die Neuerstellung der Jahresabrechnungen 2005 bis 2008 durch einen Dritten (wahrscheinlich den aktuellen Verwalter) in Höhe von 3.808,00 EUR (offenbar vier x 800,00 EUR netto zzgl. 19 % USt. = 952,00 EUR brutto pro Jahresabrechnung) nebst Zinsen und vorgerichtlicher Anwaltskosten, hilfsweise auf Neuerstellung der Jahresabrechnungen durch die Beklagte.

Amtsgericht Frankfurt a. M. wies den Hauptantrag ab, verurteilte die Beklagte aber zur Neuerstellung der Jahresabrechnungen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht Frankfurt a. M. die Beklagte bis auf einen Teil der Zinsen nach dem Hauptantrag verurteilt (Vorschusszahlung). Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision.

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts. Die Gemeinschaft könne vom beklagten Ex-Verwalter nicht nur die Neuerstellung der Jahresabrechnungen durch ihn verlangen, sondern einen Vorschuss zwecks Neuerstellung durch einen Dritten. Denn die Gemeinschaft verlange nicht uneingeschränkt Rechnungslegung inklusive seiner Versicherung, das von ihm vorgelegte Zahlenwerk erfasse die im Abrechnungszeitraum seiner Verwaltung angefallenen Einnahmen und Ausgaben vollständig und richtig. Letztere Erklärung könne in der Tat nur der im Abrechnungszeitraum bestellte Verwalter abgeben, kein Dritter. Das Zahlenwerk hingegen stelle eine Auswertung der Belege und Darstellung der Ergebnisse dieser Auswertung in einer Einnahmen- und Ausgabenrechnung dar, so dass es sich insoweit um eine vertretbare Handlung handele. Dieses Zahlenwerk habe eine doppelte Funktion. Einerseits enthalte es in Gestalt der Gesamtabrechnung die „Rechnung“, die der Verwalter zur Erfüllung seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung gemäß § 28 Abs. 4 WEG a. F. (alte Fassung), § 259 Abs. 1 BGB (seit dem 01.12.2020: §§ 675, 666, 259 Abs. 1 BGB) vorzulegen habe. Das mit der Jahresabrechnung erstellte Zahlenwerk sei darüber hinaus die unverzichtbare Unterlage zur Vorbereitung der Beschlüsse, die die Eigentümer zur Finanzierung ihrer Gemeinschaft zu fassen hätten.

Der Verwalter habe die (Gesamt-)Jahresabrechnung unabhängig von seiner Verpflichtung zur Rechnungslegung zu erstellen und den Wohnungseigentümern zur Genehmigung per Beschlussfassung vorzulegen. Das gelte erst recht für die Einzelabrechnungen. Diese Beschlussvorbereitungspflicht durch Erstellung und Präsentation des Zahlenwerks habe einen erfolgsbezogenen, d. h. werkvertraglichen Charakter, so dass die Anwendung des § 637 Abs. 3 BGB (Vorschuss) gerechtfertigt sei. Zwar sei der Verwaltervertrag ein auf Geschäftsbesorgung gerichteter Dienstvertrag. Gleichwohl müsse dieses werkvertragliche Element in den gemischten Vertrag hineingezogen werden, weil die Anwendung des Dienstvertragsrechts (§§ 611 ff. BGB), das keinen Vorschuss kennt, an dieser Stelle nicht sachgerecht sei.

Der BGH äußert sich auch zu der rechtlichen Problematik, dass der Besteller (hier die WEG) einer Werkleistung (hier die Jahresabrechnung) vom Unternehmer (hier der Verwalter) an sich erst nach Abnahme des Werkes zur Selbstvornahme mit Vorschuss (§ 637 BGB) schreiten oder die übrigen sekundären Mängelansprüche des § 634 Nr. 2 bis Nr. 4 BGB geltend machen dürfe, zuvor hingegen auf den primären (Nach-)Erfüllungsanspruch (§§ 634 Nr. 1, 635 BGB) beschränkt ist. Denn wenn – wie hier – der Schuldner die geschuldete mangelfreie Werkleistung endgültig und ernsthaft ablehne, könnten und dürften Mängelansprüche auch ohne Abnahme geltend gemacht werden (Rn. 27 der Urteilsgründe).

Der BGH billigt der Klägerin Ersatz ihrer vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Dabei könne dahinstehen, ob der Beklagte bei Einschaltung des Rechtsanwalts tatsächlich in Verzug gewesen sei. Der Erstattungsanspruch ergäbe sich jedenfalls aus § 635 Abs. 2 BGB. Zu den erforderlichen Aufwendungen, die der Schuldner zu ersetzen habe, könnten Rechtsanwaltskosten des Gläubigers auch ohne Schuldnerverzug gehören. Vorliegend sei die Anwaltsbeauftragung erforderlich gewesen, da der Beklagte fehlerhafte Jahresabrechnungen präsentiert habe, die „im ersten Schwung“ sogar gerichtlich für ungültig erklärt worden waren.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Der Anspruch gegen den Verwalter auf Erstellung und Vorlage der Jahresabrechnung stehen nicht den einzelnen Wohnungseigentümern zu, sondern der Gemeinschaft. Gegenüber einem Ex-Verwalter ergeben sich keine Vertretungsprobleme. Der gegenwärtig bestellte Amtsinhaber kann für die Gemeinschaft Forderungen stellen und Fristen setzen. Richtet sich der Anspruch gegen den amtierenden Verwalter, kann er sich nicht selbst eine Frist setzen. Dies muss die Gemeinschaft übernehmen. In Betracht kommt eine Aufforderung nebst Fristsetzung durch den Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder einen anderen durch Beschluss dazu ermächtigten Wohnungseigentümer. Ggf. reichen auch hinreichend bestimmte Fristen im Verwaltervertrag, um einen Verzug auszulösen.

Wie wäre es nach dem neuen WEG 2020 (WEMoG)?

Der Fall wurde nach altem Recht beurteilt, auch wenn der BGH sein Urteil am 26.02.2021, also nach dem 01.12.2020 verkündete. Maßgeblich war, dass der Senat am 30.10.2020 mündlich verhandelte, also noch unter der Geltung des alten Gesetzes (Rn. 5 der Urteilsgründe).

Auffällig ist, dass der BGH im amtlichen Leitsatz bereits die Terminologie des WEMoG verwendet, wenn es dort heißt, den Wohnungseigentümern durch die Erstellung und Vorlage des Zahlenwerks der Jahresabrechnung die Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen und die Anpassung von Vorschüssen zu ermöglichen. Dies entspricht dem Wortlaut von § 28 Abs. S. 1 WEG nF (neue Fassung). Auch in der Urteilsbegründung greift der BGH die neuen Gesetzesvorschriften verschiedentlich auf.

Der I. Zivilsenat hat dem V. Zivilsenat auf dessen Anfrage mitgeteilt, dass sein Beschluss vom 23.06.2016 – I ZB 5/16 der vorliegenden Beurteilung nicht entgegenstehe (Rn. 23). Beide Senate liegen also auf einer einheitlichen Linie, wenngleich es gekünstelt wirkt, die Jahresabrechnung in ein werkvertragliches Zahlenwerk (vertretbare Handlung) und eine höchstpersönliche Versicherung der Vollständigkeit und Richtigkeit im Sinne einer Rechnungslegung (unvertretbare Handlung) zu unterteilen. Der Aussagewert des Zahlenwerks ist nämlich beschränkt, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass tatsächlich alle im Abrechnungszeitraum getätigten Geldflüsse aufgenommen wurden. Der Praxis jedenfalls hilft die Unterscheidung jedoch weiter, da sie einen zuverlässigen Weg aufzeigt, von einem Verwalter, zu dem die Gemeinschaft das Vertrauen verloren hat, einen Vorschuss anzufordern, um die fehlende oder fehlerhafte Jahresabrechnung durch eine fachkundige Person des Vertrauens auf Kosten des Schuldners erstellen und zur Beschlussfassung vorlegen zu lassen. Auf eine Neuerstellung durch den Schuldner muss sich die Gemeinschaft nicht mehr einlassen.

BGH stellt nur geringe Anforderungen an Begründung einer Eigenbedarfskündigung

Bei einer Eigenbedarfskündigung ist für eine formell ordnungsmäßige Begründung die Angabe der Bedarfsperson, für die die Wohnung benötigt wird, sowie die Darlegung des Interesses an der Wohnung ausreichend. Ob dieses Interesse tatsächlich besteht, ist bei den materiell-rechtlichen Voraussetzungen an die Kündigung zu klären.

Der Fall

Die Vermieter einer 62 m² großen Wohnung hatten der Mieterin wegen Eigenbedarfs gekündigt. In dem Kündigungsschreiben wird ausgeführt, der Sohn der Vermieter benötige die Wohnung, weil er einen größeren Wohnraumbedarf habe und insbesondere für seine regelmäßigen Homeoffice-Tätigkeiten ausreichend Platz brauche. Nachdem die Mieterin die Kündigung der Wohnung nicht akzeptierte, klagten die Vermieter auf Räumung und Herausgabe der Wohnung. Sowohl das Amtsgericht als auch das Berufungsgericht wiesen die Klage über den streitigen Eigenbedarf ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Kündigung bereits mangels ausreichender Begründung nach § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB aus formellen Gründen unwirksam sei. Die einfache Angabe in der Kündigung, der Sohn der Vermieter benötige eine größere Wohnung und wolle deshalb in die Wohnung der Mieterin einziehen, genüge nicht. Vielmehr seien konkrete Angaben zu der bisherigen Wohnung des Sohnes nach Größe und Anzahl der Zimmer erforderlich. Nach Ansicht der beiden Vorinstanzen müsse die Mieterin in die Lage versetzt werden, den geltend gemachten Bedarf anhand der Angaben im Kündigungsschreiben zumindest überschlägig zu überprüfen. Insoweit genügten die mitgeteilten und nicht durch ausreichende Tatsachen belegten „Leerformeln“ nicht. Im Zuge des Verfahrens über die von den Vermietern eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde vor dem BGH erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, stellten aber widerstreitende Kostenanträge.

Die Entscheidung

Um über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden, hatte nun der Bundesgerichtshof (BGH) zu prüfen, ob die Nichtzulassungsbeschwerde der Vermieter zur Zulassung der Revision geführt hätte und hielt dies zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung für geboten. Laut BGH wurden die Anforderungen an eine formell ordnungsgemäße Begründung einer Eigenbedarfskündigung in den Entscheidungen der Vorinstanzen deutlich überspannt, so dass die Revision zugelassen worden wäre, um eine Wiederholungsgefahr zu vermeiden.
Gemäß § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB setze die Wirksamkeit einer Kündigungserklärung voraus, dass die Gründe für ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses in dem Kündigungsschreiben angegeben werden. Der BGH führte weiter aus, dass der Zweck dieser Vorschrift darin bestehe, dem Mieter zum frühestmöglichen Zeitpunkt Klarheit über seine Rechtsposition zu verschaffen und ihn dadurch in die Lage zu versetzen, rechtzeitig alles Erforderliche zur Wahrung seiner Interessen zu veranlassen.

Bei einer Kündigung wegen Eigenbedarfs reiche daher grundsätzlich die Angabe der Person, für die die Wohnung benötigt wird und die Darlegung des Interesses an der Erlangung der Wohnung. Eine solche Individualisierung des Kündigungsgrundes sei in dem vorliegenden Fall durch das Kündigungsschreiben offensichtlich möglich gewesen. Denn es genügte, den Sohn der Vermieter als Bedarfsperson zu benennen sowie sein Interesse an der Wohnung aufgrund höheren Raumbedarfs darzulegen. Eine solche Individualisierung ermögliche es der Mieterin, die die Kündigung nicht hinnehmen will, ihre Verteidigung auf den angegebenen Kündigungsgrund auszurichten. Hingegen sei die Frage, ob der angegebene Kündigungsgrund tatsächlich bestehe, im Rahmen der materiell- rechtlichen Prüfung der Begründetheit der Kündigung in einem Prozess durch eine Beweisaufnahme zu klären.

Die Zulassung der Revision hätte voraussichtlich zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht geführt. Dort hätte mittels Beweisaufnahme geklärt werden müssen, ob der angemeldete Eigenbedarf tatsächlich bestehe und die Mieterin Härtegründe einwenden könne. Da hier der Prozessausgang offen gewesen wäre, entspreche eine Kostenaufhebung billigem Ermessen im Sinne von § 91a Abs. 1 ZPO.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 9. Februar 2021, Az. VIII ZR 346/19
Vorinstanzen:
LG Köln, Entscheidung vom 12. November 2019, Az. 1 S 68/19
AG Köln, Entscheidung vom 28. März 2019, Az. 209 C 369/18

Ein Nießbraucher darf selbst anfechten, muss aber seine Ermächtigung durch den Wohnungseigentümer innerhalb der Klagefrist offenlegen

Nießbraucher an Wohnungseigentum haben kein eigenes Stimmrecht und kein eigenes Anfechtungsrecht. Dabei bleibt es. Gleichwohl darf ein Nießbraucher im eigenen Namen das fremde Anfechtungsrecht des Wohnungseigentümers vor Gericht ausüben, wenn er seine Prozessführungsermächtigung innerhalb der Klagefrist offenlegt oder die Ermächtigung offensichtlich ist. Ein Fall aus Düsseldorf gab dem Bundesgerichtshof (BGH) Gelegenheit, die einschlägigen Rechtsgrundsätze in Erinnerung zu rufen.

Mit Urteil vom 27. November 2020 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 71/20 entschied der BGH über einen Sachverhalt, der in er Praxis regelmäßig vorkommt. Eltern hatten ihr Wohnungseigentum auf die Tochter übertragen und sich einen Nießbrauch vorbehalten. Da es aus der Gemeinschaft Gegenwind bezüglich der Stimmrechtsvertretung gab, wurden die Eltern später wieder zu einem geringen Bruchteil als Miteigentümer der Wohnung im Grundbuch eingetragen. Bevor dies geschah, hatten die Eltern (Nießbraucher) eine eigene Anfechtungsklage erhoben, um deren Zulässigkeit und Begründetheit es ging.

Der Fall

Die Anfechtungskläger (Eltern) waren bis Mai 2001 und sind seit dem 25.10.2018 wieder Mitglieder der mit den Beklagten bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Mai 2001 hatten sie ihr Wohnungseigentum auf ihre Tochter übertragen und sich einen Nießbrauch vorbehalten. In der Eigentümerversammlung vom 7.6.2018 wurde mehrheitlich beschlossen, ein bestimmtes Unternehmen mit der Pflege der Außenanlage zu beauftragen. Anfang Juli 2018 haben die Kläger Anfechtungsklage erhoben. Im September 2018 teilten sie dem Amtsgericht die Eigentumsübertragung aus dem Jahre 2001 mit und nachfolgend eine auf den 24.5.2001 datierte Vollmacht, mit der sie von ihrer Tochter bevollmächtigt worden sind, deren Rechte in Gerichtsverfahren als Prozessstandschafter im eigenen Namen geltend zu machen.

Das Amtsgericht Moers hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger vor dem Landgericht Düsseldorf ist ohne Erfolg geblieben. Mit der Revision möchten die Kläger weiterhin erreichen, dass der angefochtene Beschluss für ungültig erklärt wird. Nichtigkeitsgründe sind nicht streitgegenständlich.

Das Berufungsgericht hielt die Klage für zulässig, weil die Kläger von ihrer Tochter tatsächlich zur Prozessführung ermächtigt worden seien und dies bis zur letzten mündlichen Verhandlung auch offengelegt hätten. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Kläger es versäumt hätten, die Prozessstandschaft innerhalb der Frist des § 46 Abs. 1 S. 2 WEG – gemeint ist die einmonatige Klagefrist (1. Halbsatz), nicht die zweimonatige Klagebegründungsfrist (2. Halbsatz) – offengelegt hätten. Zudem sei die Offenlegung nicht ausnahmsweise entbehrlich gewesen, denn die Prozessstandschaft sei nicht für alle Beteiligten offensichtlich gewesen. Ihre von den Beklagten bestrittene Vollmachtsanzeige in der Eigentümerversammlung vom 20.4.2002 hätten die Kläger nicht bewiesen.

Die Entscheidung

Der BGH bestätigt die Entscheidung des Berufungsgerichts. Zwar sei die Anfechtungsklage der Nießbraucher zulässig gewesen, aber unbegründet. Unbeachtlich sei, dass die Kläger seit dem 25.10.2018 wieder Miteigentümer des Wohnungseigentums neben ihrer Tochter seien. Denn zum maßgeblichen Zeitpunkt der Eigentümerversammlung sei unstreitig die Tochter Alleineigentümerin gewesen. Der Nießbraucher, der vom Wohnungseigentümer zur Erhebung der Beschlussanfechtungsklage ermächtigt werde, sei als gewillkürter Prozessstandschafter anfechtungsbefugt. Auch das eigene schutzwürdige Interesse des Ermächtigten daran, dass für ihn fremde Recht im eigenen Namen prozessual geltend machen zu dürfen, sei für den Nießbraucher im Hinblick auf dessen umfassende Nutzungsbefugnis (vgl. § 1030 BGB) regelmäßig zu bejahen. Auch habe der Nießbraucher während der gesamten Tatsacheninstanz Gelegenheit, die Voraussetzungen der Prozessführungsbefugnis offenzulegen. Dies müsse nicht zwingend vor dem Amtsgericht geschehen, spätestens im Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung vor dem Berufungsgericht genüge dies auch.

Allerdings weist der BGH auf eine weitere, strenger zu handhabende Voraussetzung hin. So müsse der Nießbraucher bereits bis zum Ablauf der Klagefrist offenlegen, dass er nicht aus eigenem Recht (Eigentum), sondern als zur Prozessführung ermächtigter Nichteigentümer klage. Die Beklagtenseite habe ein berechtigtes Interesse daran, innerhalb dieser materiellen Ausschlussfrist Kenntnis und Klarheit darüber zu erhalten, ob die klagende Partei aus einer eigenen Eigentümerposition klage oder fremde Rechte im eigenen Namen geltend mache. Für die Rechtsverteidigung und für Einschätzung der Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage könne dies – so der BGH – einen erheblichen Unterschied machen.

Die Offenlegung der Prozessstandschaft sei nur dann nicht erforderlich, wenn aufgrund anderer Umstände für alle Beteiligten des Rechtsstreits Klarheit darüber bestehe, dass der Kläger die Klage als gewillkürter Prozessstandschafter (z. B. Nießbraucher oder sonstiger Nichteigentümer) erhebe. Diese Klarheit könne durch vorprozessuale Vorgänge, etwa vorprozessuale Korrespondenz, erreicht werden (Rn 23 der Urteilsgründe). Im vorliegenden Fall indessen fehle es daran.

Da die Kläger die Klagefrist versäumt hätten, sei die Klage abzuweisen. Lediglich mit Nichtigkeitsgründen hätten die Kläger durchdringen können. Diese waren weder vorgetragen noch ersichtlich.

Fazit für Wohnungseigentümer oder Verwaltungsbeiräte

Enthält die Gemeinschaftsordnung (GO) keine Stimmrechtsbeschränkung, kommt der Nießbraucher aber als Stimmrechtsbevollmächtigter infrage. Ist die Stimmrechtsvertretung laut GO auf Miteigentümer, Ehegatten oder Verwalter beschränkt, scheidet dies aus. Der Verwalter muss den Nießbraucher dann von der Versammlung bzw. Abstimmung ausschließen. In einem solchen Fall bleibt die Möglichkeit, dem Nießbraucher wieder einen Eigentumsanteil zu übertragen. Schon ein geringer Bruchteil genügt.

Bezüglich der Ausnahme (Offenkundigkeit statt Offenlegung) sollte von Klägerseite nicht auf eine vorprozessuale Korrespondenz gesetzt werden. Auch war es nicht erfolgversprechend, sich auf eine angebliche „Vollmachtanzeige“ vor über 16 Jahren zu berufen. Der sicherste Weg besteht darin, in der Klageschrift offenzulegen, dass der Kläger kein Eigentümer ist, von diesem aber zur Prozessführung ermächtigt wurde und als Nießbrauchsberechtigter ein eigenes schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung besitzt. Selbst wenn die Anfechtungsklage schon einige Tage vor Ablauf der Klagefrist eingereicht wurde, kann diese bis zuletzt ausgeschöpft werden, um die notwendige Offenlegung fristgerecht nachzuholen. Danach ist es zu spät.

Wie wäre es nach dem neuen WEG 2020?

Nach neuer Gesetzeslage (seit 1.12.2020) sind Beschlussklagen gegen die Gemeinschaft zu richten. Auch diese hat ein unverändertes Interesse daran, innerhalb der Klagefrist zu erfahren, dass auf Klägerseite fremde Rechte im eigenen Namen in gewillkürter Prozessstandschaft geltend gemacht werden.

Klagefrist und Klagebegründungsfrist bleiben unverändert. Die Regelung findet sich nicht mehr in § 46 Abs. 1 S. 2 WEG a. F., sondern in § 45 S. 1 WEG n. F. Im vorliegenden Fall war die Versammlung am 7.6.2018. Die Klagefrist endete also am 9.7.2018 (Montag), die Klagebegründungsfrist am 7.8.2018. Die Offenlegung der Prozessstandschaft im September 2018 kam mithin zu spät.

Aus diesem Grunde waren nach der Ansicht des Landgerichts die auf der Versammlung gefassten Beschlüsse nicht zu beanstanden.

2. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Zertifizierte Verwalter: Verordnungsentwurf liegt vor

Im Zuge der Reform des Wohnungseigentumsgesetze können Wohnungseigentümer ab Dezember 2022 bzw. Juni 2024 den Nachweis einer Zertifizierung vom WEG-Verwalter verlangen. Das Bundesjustizministerium rechnet nach aktuellen Schätzungen mit 28.500 Angestellten von Immobilienverwaltungen, die sich einer entsprechenden Prüfung unterziehen müssen. Nun liegt ein Verordnungsentwurf über die Prüfung zum zertifizierten Verwalter nach dem Wohnungseigentumsgesetz vor.

Der VDIV Deutschland hat sich über Jahre mit Nachdruck für eine entsprechende Basisqualifikation eingesetzt – schließlich geht es hier um die treuhänderische Verwaltung von über zehn Millionen Eigentumswohnungen, die in der Regel elementarer Bestandteil der privaten Altersvorsorge sind. Für die gesamte Branche ist die Zertifizierung ein wichtiges Werkzeug, das in der Öffentlichkeit aufgrund von Einzelfällen kritisch geprägte Bild des Verwalters zu wandeln und so zur Stärkung des Berufsbildes beizutragen.

Mit der im Dezember 2020 in Kraft getreten Reform ist die Zertifizierung zwar keine gewerberechtliche Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 34c Abs. 1 Nr. 4 GewO: Verwalter können somit ihre Tätigkeit auch ab Dezember 2022 grundsätzlich ohne Sachkundenachweis oder Zertifizierung aufnehmen und dieser nachgehen. Doch die Bestellung eines nicht zertifizierten Verwalters oder einer gleichgestellten Person wird nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen.

Für die Prüfung ist eine bundeseinheitliche Regelung angedacht. Zuständig für die Abnahme sind die Industrie- und Handelskammern (IHK). Die Prüfung besteht aus einem mindestens 90-minütigen schriftlichen und einem mindestens 15-minütigen mündlichen Teil. Die Prüfungsthemen reichen von immobilienwirtschaftlichem Basiswissen über rechtliche Grundlagen wie Wohnungseigentumsrecht und Mietrecht bis hin zu kaufmännischen und technischen Voraussetzungen. Die Prüfungsgegenstände orientieren sich an den Sachgebieten, die auch Gegenstand der Weiterbildungspflicht für Verwalter nach § 34c Abs. 2a der GewO und in Anlage 1 zur Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV) festgelegt sind. Von dieser Zertifizierungspflicht sind Verwalter ausgenommen, die über eine abgeschlossene Berufsausbildung zu Immobilienkaufleuten oder zu Kaufleuten in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft verfügen oder aber auch einen Hochschulabschluss mit immobilienwirtschaftlichem Schwerpunkt absolviert haben. Gleiches gilt für Verwalter mit Befähigung zum Richteramt. » Den aktuellen Entwurf der ZertVerwV können Sie hier herunterladen. 

Zur Verabschiedung des Schnellladegesetzes erklärt der VDIV: Umdenken bei der Förderung von E-Ladestationen dringend notwendig

Der Bundestag hat am 21. Mai 2021 das Gesetz zur Bereitstellung flächendeckender Schnellladeinfrastruktur für reine Batterieelektrofahrzeuge. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) begrüßt die Entscheidung für mehr E-Ladestationen, fordert aber eine bessere Förderung und die Berücksichtigung von Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) für Lademöglichkeiten im privaten Bereich. Mit dem Gesetz soll in Deutschland ein flächendeckendes, öffentliches Schnellladenetz für Elektroautos aufgebaut werden. Bis 2023 schreibt der Bund den Bau und Betrieb von rund 1.000 Ladeparks aus und stellt dafür zwei Milliarden Euro an Fördermitteln zur Verfügung.

Dies ist zwar ein wichtiger Schritt, um die E-Mobilität im öffentlichen Bereich zu fördern. Allerdings wollen Nutzer ihre Autos vor allem zu Hause aufladen können – ähnlich wie bei einem Smartphone. „Aus gutem Grund wurde das KfW-Förderprogramm für Wallboxen daher bereits auf nun eine halbe Milliarde Euro aufgestockt. Doch 40 Prozent der Bevölkerung werden hiervon de facto ausgeschlossen, da sie in Corona-Zeiten keine Eigentümerversammlungen abhalten können – daran scheitern Beschlussfassungen zum Einbau von privaten Ladestationen, und der Ausbau der Ladeinfrastruktur bei den etwa vier Millionen Stellplätzen in WEG kommt nicht voran. Schnellladesäulen lösen das Problem nicht”, kritisiert VDIV-Deutschland-Geschäftsführer Martin Kaßler.

Der Gesetzgeber muss jetzt diese Problematik angehen, damit in Post-Corona-Zeiten die Weichen für eine bessere Umsetzung gestellt sind. „Um Wohnungseigentümer und Mieter von den Zuschüssen nicht auszuschließen, sollten Antragsstellung und Zusage zur Förderung zum Einbau einer E-Ladesäule auch ohne Beschluss einer WEG-Versammlung ermöglicht werden. Die Auszahlung kann dann innerhalb der nächsten zwei Jahre nach Abschluss der Baumaßnahme erfolgen”, erklärt Martin Kaßler.

Zusätzlich muss der Gesetzgeber die Förderprogramme an die Besonderheiten von WEG anpassen: Die Installation des Ladepunktes, die dazugehörige Infrastruktur und die Umsetzungsmaßnahmen sollten zudem zukünftig im Förderrahmen abgedeckt sein. Bisher werden die Umfeldmaßnahmen nicht mitgefördert. Dazu gehören zum Beispiel die Gebäudeelektronik und die Stromanschlüsse, die oft ebenfalls ausgewechselt werden müssen, da diese nicht dafür ausgelegt sind, dass viele Ladestationen gleichzeitig in Betrieb gehen können.

„Spätestens nach der Bundestagswahl 2021 muss die bestehende Fördersystematik auf den Prüfstand gestellt werden. Die E-Mobilität kann dabei der Schlüssel zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudebestand werden. In einem integrierten Förderkonzept zur energetischen Gebäudesanierung können E-Ladestationen der Anreiz für energetische Modernisierungen im Gebäudebestand werden”, so VDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler abschließend.

Einigung bei Mietspiegelreform

Die große Koalition hat sich, nachdem die Meinungen bei einer Anhörung im Rechtsausschuss zuletzt stark auseinander gingen, über die Reformierung des Mietspiegelrechts geeinigt. Gemeinden mit über 50.000 Einwohnern sind künftig zur Erstellung eines Mietspiegels verpflichtet.

Durch die neuen Vorgaben und Standards soll die Aussagekraft des Instruments verbessert und die generelle Verbreitung unterstützt werden. Mit Hilfe der ortsüblichen Vergleichsmieten soll überzogenen Mieterhöhungen entgegengewirkt werden. Für eine rechtssichere Erstellung ist das Vorhaben von zentraler Bedeutung, dass Mieter und Vermieter künftig zur Auskunft über Miete und Merkmale der Wohnung verpflichtet sind. So können Verstöße gegen die Auskunftspflicht zudem ab Realisierung auch mit Bußgeldern geahndet werden.

Es bleibt bei den alten Geltungszeiträumen: Alle zwei Jahre müssen die Mietspiegel an die Marktentwicklungen angepasst werden und alle vier Jahre vollständig neu erstellt werden. Hier war im alten Gesetzesentwurf eine Verlängerung auf drei beziehungsweise fünf Jahre vorgesehen. Auch das Begründungsmittel Vergleichswohnung bleibt: Nachdem zunächst ein Wegfall geplant war, soll die Nutzung nun weiterhin möglich sein.

Nach langen Diskussionen: CO2-Kosten trägt der Mieter

Zuletzt war monatelang eine 50/50-Lösung im Gespräch und galt auch als weitgehend beschlossen, nun soll doch wieder ein ganz anderer Ansatz her: In letzter Sekunde wurde der Kompromiss verworfen, und die CDU/CSU-Fraktion setzte sich mit ihrem Vorhaben durch, dass weiterhin die Mieter selbst für die CO2-Bepreisung aufkommen.

Während Mietervertreter die 50/50-Lösung unterstützten und als gerecht empfanden, gab es zahlreiche Kritik von Seiten der Immobilienwirtschaft: Der Ansatz sei unangemessen, da die Lenkwirkung beim Mieter liege. Der Vermieter müsse für das Heizverhalten seines Mieters zahlen, auf das er keinerlei Einfluss habe.
Die Staatssekretäre aller Ministerien hatten sich am 31. Mai auf den 50/50-Kompromiss verständigt. Beim letzten Kabinettsentschluss konnte sich kurzerhand die Union gegen den Regierungspartner SPD durchsetzen, mit der Folge, dass der Mieter künftig weiterhin allein zahlt. „Die hälftige Umwälzung der CO2-Verbrauchskosten auf die Vermieter stellt einen fundamentalen Bruch des Verursacherprinzips dar“, erklärte Dr. Jan-Marco Luczak, Sprecher der Unionsfraktion für Recht und Verbraucherschutz vor der Entscheidung. Die Klimaziele zu erreichen sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sie dürfe nicht zu Lasten der Vermieter gelöst werden.

Baulandmobilisierungsgesetz steht kurz vor Umsetzung

Am 28. Mai hat der Bundesrat den Beschluss des Bundestags zur Mobilisierung von Bauland genehmigt. Nach Unterzeichnung des Bundespräsidenten soll es wie geplant in Kraft treten. Somit wird auch das umstrittene Umwandlungsverbot gültig, bei dem eine Genehmigung für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen erforderlich ist.

Die Umsetzung könnte recht schnell kommen: Nach Unterzeichnung wird die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt organisiert. Es soll unmittelbar am Tag nach der Verkündung in Kraft treten. Ziel ist es, schneller Bauland zu aktivieren, bezahlbaren Wohnraum zu sichern und die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu erschweren. Das umstrittene „Umwandlungsverbot“ macht in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt eine Genehmigung für die Umnutzung erforderlich und ist vorerst bis zum 31. Dezember 2025 begrenzt. Ausgenommen von dem neuen Gesetz sind Wohngebäude mit weniger als fünf Wohnungen. Zudem können auf länderebene Ausnahmen für Häuser mit drei bis 15 Wohnungen bestimmt werden. Kleineigentümer sollen somit vor gravierenden Auswirkungen geschützt werden. Dennoch wird in vielen Fällen eine Genehmigung für eine Umwandlung erteilt werden müssen.

Der VDIV Deutschland warnt seit einiger Zeit, dass durch das Umwandlungsverbot das Angebot an Eigentumswohnungen weiter verknappt wird. Eine problematische Entwicklung, da dieses etablierte Verfahren für viele Kaufinteressenten eine fundamentale Möglichkeit darstellte Eigentum zu erwerben, da hier in der Regel günstigere Preiskonditionen angeboten werden. Die Umwandlung stellt somit ein wichtiges Instrument dar, auf das nicht verzichtet werden kann. Darüber hinaus ist es unabdinglich, den Wohnungsneubau gezielt zu unterstützen. Durch eine Kombination von Umwandlung und Neubau könnte der angespannte Wohnungsmarkt effektiver entlastet werden. Zielführend ist daher Baunormen anzupassen und Planungsprozesse zu digitalisieren. Zu hohe Baunebenkosten, zu wenig ausgewiesenes Bauland und zu lange Genehmigungsprozesse bremsen den Wohnungsneubau.

Bundesverfassungsgericht kippt Mietendeckel

Das Bundesverfassungsgericht hat am 15. April den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt, da er nicht mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Der Verband der Immobilienverwalter Deutschland (VDIV Deutschland) begrüßt diese Entscheidung mit Nachdruck. Denn eine Bestätigung des Mietendeckels hätte das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit nachhaltig erschüttert.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass dem Land Berlin die entsprechende Gesetzgebungskompetenz für den Mietendeckel fehlt. Schließlich sind die Länder nur zur Gesetzgebung befugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen abschließenden Gebrauch gemacht hat. Da der Bund das Mietpreisrecht in den §§ 556 bis 561 BGB aber abschließend geregelt hat, ist das MietenWoG Bln mit Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 GG unvereinbar und nichtig. Denn es greift die sogenannte Sperrwirkung, mit der die Gesetzgebungskompetenz der Länder entfällt: Sie verhindert für die Zukunft den Erlass neuer Landesgesetze und entzieht in der Vergangenheit erlassenen Landesgesetzen die Kompetenzgrundlage, sodass sie nichtig sind beziehungsweise werden.

Aufgrund dieser Voraussetzungen hatten bereits im Mai vergangenen Jahres die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP einen Antrag auf Normenkontrolle in Karlsruhe eingereicht. Im Fall des Mietendeckels hatten 248 Abgeordnete, also 40 Prozent aller Abgeordneten, die Klage unterstützt.

Nach dem Kippen des Berliner Mietendeckels wurde ein möglicher (bundesweiter) Mietendeckel zum Wahlkampfthema. Die Grünen wollen sich für einen bundesweiten Mietendeckel stark machen. Der Begriff „Mietendeckel“ taucht zwar im Wahlprogramm für die Bundestagswahl nicht auf. Doch ein Bundesgesetz soll gewährleisten, „dass Mietobergrenzen im Bestand ermöglicht werden und die Mietpreisbremse entfristet und deutlich nachgeschärft wird“. Reguläre Mieterhöhungen sollen auf 2,5 Prozent im Jahr innerhalb des Mietspiegels gedeckelt werden, wobei diese Zeiträume von 20 Jahren umfassen sollen. Auch die SPD plädiert für ein entsprechende Bundesgesetz, um Mieten zu senken, wie auch die Linken, die am 20. Juni die Einführung eines bundesweiten Mietendeckels in ihr Wahlprogramm aufnahmen.

Der VDIV Deutschland steht einem bundesweiten Mietendeckel kritisch gegenüber. Zwar ist eine Entspannung der Wohnungsmärkte dringend erforderlich, dies kann aber nicht nachhaltig durch eine Regulierung wie den Mietendeckel umgesetzt werden. Um eine Besserung zu erreichen, müsse das Wohnungsangebot weitläufig ausgebaut werden. Der VDIV schlägt dafür einen sinnvollen Dreiklang vor: Es muss mehr Bauland ausgewiesen und der Erwerb von Wohneigentum gezielt gefördert werden. Förderlich wäre außerdem, hohe Erwerbs- und Baunebenkosten zu senken. Zudem sollte bei der Einführung eines Mietendeckels an vermietende Wohnungseigentümer gedacht werden, die mit der Miete die Rückzahlung ihrer Kredite tilgen und mit ihrer Immobilie ihre Altersvorsorge absichern.

3. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

Zuschüsse aufgestockt: mehr Förderung für effiziente Gebäude

Die zweite Stufe der BEG tritt in Kraft: Seit dem 1. Juli wird mehr Geld in die Bundesförderung für effiziente Gebäude fließen. Neu ist auch, dass fortan Nichtwohngebäude gefördert werden können. Bereits seit dem 1. Januar dieses Jahres gibt es die Möglichkeit, die „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ (BEG) zu beantragen. Mit diesen Mitteln will die Bunderegierung das Ziel der Klimaneutralität 2045 erreichen.

Energetische Maßnahmen bei der Sanierung und dem Neubau von Wohn- und Nichtwohngebäuden werden nun finanziell mit bis zu 50 Prozent unterstützt. Fördersummen für Gesamtsanierungen werden aufgestockt. Beim Bau nach hohem Energiestandard kann auch weiterhin ein Tilgungszuschuss bei der KfW beantragt werden. Dieser muss nicht zurückgezahlt werden. Ausschlaggebend ist für diese Förderung der Energie-Effizienzhaus-Standard. Förderfähig sind Effizienzhaus 40, 55, 70, 85 und 100. 115 fällt ab Juli aus dem Katalog. Die Höchstsumme pro Wohneinheit ist von 120.000 Euro auf 150.000 Euro hochgesetzt. Um eine Förderung bewilligt zu bekommen, müssen fortan auch die Energie- und CO2-Einsparungen mit dem Antrag abgegeben werden.

In der BEG werden bestehende Förderprogramme der staatlichen Förderbank KfW und des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zusammengebracht. Die Förderrichtlinien gelten voraussichtlich bis 2030. Aus bisher zehn Programmen sind drei entstanden: Die BEG EM ist die Förderung von Einzelmaßnahmen an Wohn- und Nichtwohngebäuden und ist zugehörig zur Stufe eins. Die BEG WG ist die Förderung von Vollsanierung und Neubau von Wohngebäuden und gehört zur Stufe zwei. Ebenso wie die BEG NWG, die Förderung von Vollsanierung und Neubau von Nichtwohngebäuden.

Solardachpflicht könnte bereits 2022 umgesetzt werden

Im Gesetzesentwurf für das „Klimaschutz Sofortprogramm“ will die Bundesregierung eine Solardachpflicht sowie höhere Energiestandards durchsetzen. Die Verabschiedung ist für die Kabinettssitzung am 23. Juni geplant. Ab 2022 sollen dann auf allen Dächern von Neubauten Solaranlagen installiert und verbaut werden. Bei Sanierungen von Bestandsbauten soll, bei größeren Arbeiten am Dach, die Regelung im danach folgenden Jahr greifen.

Ab 2023 sollen alle Neubauten den Energieeffizienz-Standard EH-55 erfüllen. Ab 2025 soll dieser auf EH-40 erhöht werden, was bedeutet, dass Neubauten dann in vier Jahren nur noch maximal 40 Prozent der Energie eines Standardgebäudes verbrauchen dürfen.

Wallbox-Förderung erneut ausgeweitet

Das Programm des Bundeministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur, das den Kauf und Anschluss von Ladestationen für Elektroautos an Wohngebäuden bezuschusst, wurde verlängert. Erneut wurden die Fördermittel um 100 Millionen Euro aufgestockt. Zur Verfügung stehen nun insgesamt 500 Millionen Euro für den Ausbau der privaten Ladeinfrastruktur. Käufer haben die Möglichkeit einen Pauschalzuschuss von 900 Euro für ihre Wallbox zu erhalten. Die Förderung wird zahlreich genutzt. Aufgrund hoher Nachfrage kam es bereits im Februar zu einer Erhöhung der Fördermittel.

Am 24. November 2020 startete das Programm, das Erwerb und Errichtung neuer Ladestationen unterstützt. Am ersten Tag wurden bereits 16.000 Anträge eingereicht, nach einer Woche war der Stand bei 85.000 Anträgen. Bislang wurden insgesamt 385.000 Anträge für 470.000 Ladepunkte eingereicht. Das Förderprogramm richtet sich an Privatpersonen, Wohnungseigentümergemeinschaften, Wohnungsunternehmen, Wohnungsgenossenschaften und Bauträger.

Voraussetzung für eine Förderung ist, dass der Förderantrag vor Kauf und Installation eingereicht wird. Zudem müssen die Gesamtkosten über dem Zuschussbetrag von 900 Euro liegen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Ladestation über eine Normalladeleistung von elf Kilowatt verfügt und komplett erneuerbare Energien nutzt. Sie muss intelligent als auch steuerbar sein. Die Ladebox darf nicht in öffentlich zugänglichen Bereichen liegen, sondern ist für die im nicht öffentlich zugänglichen Bereich von selbst genutzten oder vermieteten Wohngebäuden.

Scheuer äußerte sich in einer Pressemitteilung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu der Aufstockung: „Wir wollen mehr Klimaschutz, mehr saubere E-Autos auf unseren Straßen und mehr Nutzung von Ökostrom. All das erreichen wir mit unserem höchst erfolgreichen Programm für private Lade-Wallboxen.“

Der VDIV Deutschland warnte bereits, dass Wohnungseigentümer gegenüber Eigentümern von Ein- oder Zweifamilienhäusern bei einem begrenzten Etat der Wallbox-Förderung vielfach das Nachsehen haben könnten, wenn entsprechende Beschlüsse in der Eigentümerversammlung zu spät gefasst werden. Die erneute Aufstockung dürfte hier eine gewisse Entlastung bringen.

Individueller Sanierungsfahrplan: Bonus für Eigentümergemeinschaften

Mit der Einführung der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) wurde im Gebäudebereich eine grundlegende Neuordnung und Vereinfachung der Förderlandschaft umgesetzt. Künftig sollten Wohnungseigentümergemeinschaften daher Sanierungsmaßnahmen im Rahmen eines individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) planen. Hier profitieren sie bereits bei jedem Teilschritt von einem iSFP-Bonus von fünf Prozent der Sanierungskosten.

Die Unterstützung von Energieeffizienz und erneuerbarer Energien wird nunmehr unter einem Dach zusammengefasst und in den drei Säulen Einzelmaßnahmen, Gesamtmaßnahmen Wohngebäude und Gesamtmaßnahmen Nichtwohngebäude gefördert. Dabei kann sie sowohl als Investitionszuschuss als auch als Förderkredit mit Tilgungszuschuss in Anspruch genommen werden.

Grundlegend attraktiver wird im Rahmen der neuen Fördersystematik eine langfristig ausgerichtete Sanierungsplanung. Gerade Wohnungseigentümergemeinschaften sanieren bisher häufig nur im Schadensfall, während eine strukturierte Planung der Renovierungsmaßnahmen fehlt. Hier setzt die BEG an: Wird in einem Wohngebäude eine Fördermaßnahme beantragt, die zugleich Teil eines individuellen Sanierungsfahrplanes ist, so wird ein zusätzlicher iSFP-Bonus von fünf Prozent der Sanierungskosten gewährt. Die Erstellung des iSFP kann dabei ohne Risiko erfolgen. Denn bereits gezahlte Boni müssen nicht zurückgezahlt werden, auch wenn die weiteren im iSFP geplanten Maßnahmen nicht zur Umsetzung kommen.

Aus Verwaltersicht sollten daher auch kleinere Sanierungsmaßnahmen zum Anlass genommen werden, einen iSFP zu erstellen. Zudem sollte etwa bei neuen Mandaten geprüft werden, ob bereits ein Sanierungsfahrplan erstellt wurde. Denn auch vor 2021 eingereichte iSFP behalten im Rahmen der neuen BEG ihre Gültigkeit.

Bereits zu Jahresbeginn hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) mit der Zuschussförderung von Einzelmaßnahmen begonnen. Ab 1. Juli werden nun auch die Zuschussförderung von Gesamtmaßnahmen in Wohn- und Nichtwohngebäuden sowie alle drei Fördersäulen als Kreditvariante durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) verfügbar sein. Ab 2023 ist schließlich geplant, die Durchführung der Zuschussförderung komplett beim BAFA anzusiedeln, während die Kreditvariante weiterhin von der KfW betreut werden soll.

4. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

IW-Studie zum Wohneigentum

Immobilienbesitz hat an Attraktivität gewonnen, zudem können niedrige Zinsen die steigenden Preise teils sogar überkompensieren. Laut einer aktuellen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) stagniert die Wohneigentumsquote in Deutschland dennoch weiterhin. Hier kann Deutschland von seinen europäischen Nachbarn lernen.

Die Studie erschien im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit. Untersuchungsgegenstand ist ein Vergleich, wie sieben europäische Länder den Erwerb von Wohneigentum möglich machen bzw. die Zugangsmöglichkeiten derzeit zu bewerten sind. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Grunderwerbsteuer gelegt sowie steuerliche Abrechnung bei Selbstnutzung und weitere Finanzierungsmöglichkeiten. Die Studie fasst die Ergebnisse in drei Handlungsempfehlungen zusammen und orientiert sich dabei an vorbildhaften europäischen Nachbarländern.

Die Grunderwerbsteuer nach britischem Modell fällt positiv auf und könnte daher als Exempel fungieren. Hier wird ein Modell mit einem Freibetrag und einem Stufentarif genutzt. Der Kauf von kleinen und günstigen Wohnungen wird dadurch entlastet. Das zweite Vorbild sind die Niederlande mit einer Kreditausfallversicherung für Hypothekendarlehen. Vorteile sind erhöhte Planungssicherheit und dass Banken dadurch wiederum das Eigenkapital der Käufer verringern könnten. Als dritte Handlungsempfehlung spricht sich die Studie für eine Überdenkung der deutschen Haltung zum Wohneigentum aus. Hier wird auf die wichtige Rolle für die Vermeidung von Altersarmut verwiesen. Denn immer weniger junge Leute erwerben Wohneigentum. In den vergangenen 20 Jahren habe sich die Zahl der Eigentümer halbiert. Grund dafür sind, laut Frankfurter Allgemeine, die Kaufnebenkosten. In Deutschland verfügt nur die Hälfte der Menschen über eine Immobilie. Nur in der Schweiz gibt es europaweit weniger Immobilienbesitzer.

Die Studie zeigt wichtige Erkenntnisse. Denn Wohneigentum ist ein wichtiger Faktor, der die Altersvorsorge stärkt, die Vermögensverteilung gleichmäßiger gestaltet und zudem gegen die Gentrifizierung wirkt. Das IW rät trotz steigender Preise zu einem Immobilienkauf – er sei nach wie vor ein gutes Investment. Man müsse bedenken, dass die Preise zwar steigen, die Zinsen dafür jedoch sinken. In vielen Städten sei es demnach günstiger zu kaufen und die Zinsen zu zahlen, als das Geld für Miete auszugeben. Vorausgesetzt man könne über einen langen Zeitraum tilgen. So könne man langfristig günstiger leben als in einem Mietobjekt und gleichzeitig wichtigen Vermögensaufbau betreiben.

FDP will Wohneigentum gezielt stärken

Um die beim Kauf von Wohneigentum aufkommenden Nebenkosten zu senken, reichte die Bundestagsfraktion der Freien Demokraten einen entsprechenden Antrag (19/3090) ein. Durch die Kostensenkung will die FDP gezielt den Erwerb von Immobilien stärken und Kaufanreize schaffen. Langfristig könnte das die niedrige Wohneigentumsquote in Deutschland verbessern.

Nach dem Antrag soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern einen Gesetzesentwurf vorzulegen, um das Gerichts- und Notarkostengesetz zu reformieren. So sollen Kosten für standardisierte Registereintragungen, beispielsweise die Eintragung von Miteigentum oder auch die Löschung einer Grundschuld, aufwandsorientiert berechnet werden. Bislang richten sich die Kosten nach dem Wert des einzutragenden, zu berichtigenden oder zu löschenden Rechts. Mit den Bundesländern soll eine Prüfung stattfinden, wie Käufer bis zur Änderung des Gesetzes entlastet werden können, indem die im Kostenverzeichnis des Gerichts- und Notarkostengesetzes festgelegten gebühren gesenkt werden.

Kaufpreis für Wohneigentum steigt weiter und enteilt den teils sinkenden Mieten

Laut Postbank Wohnatlas steigen die Kaufpreise von Immobilien weiter kräftig an und übertreffen in vielen Städten die ortsüblichen Mieten. Insbesondere in den sieben teuersten Städten Deutschlands müssen beim Kauf horrende Preise gezahlt werden. Experten warnen vor dem Tempo, das die Kaufpreise vor allem in Bezug auf die Mietpreise vorlegen. Diese sinken laut F+ B-Wohn-Index sogar zum Teil.

Von 2019 auf 2020 wuchs der Vervielfältiger um 1,7 Prozent. Bereits seit 2017 klettern die Kaufpreise laut Studie im Jahr um rund eine Jahresmiete nach oben. Die Tendenzen steigen, eine Trendumkehr scheint unwahrscheinlich. Auch merkbare Auswirkungen der Pandemie bleiben aus. „Allenfalls regional könnten pandemiebedingte Konjunktureinbrüche in bestimmten Branchen zu Anpassungen führen“, so die Postbank. Die Einbrüche könnten Auswirkungen auf die Einkommenshöhe der Haushalte haben und sich demnach auch auf die Immobiliennachfrage auswirken.

Besonders hoch sind die Preise derzeit in den Städten Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, München und Stuttgart, den Top 7 der Studie. Berlin gilt hier als die ungeschlagene Nummer eins. 40 Jahresmieten muss ein Käufer beim Erwerb einer Immobilie 2020 erbringen. Zum Vergleich: Im Jahr zuvor waren es noch 36 Jahresmieten. Dieser Anstieg innerhalb eines Jahres stellt im Wohnatlas den größten in den Top 7 dar. Einen Grund dafür sehen die Autoren im Berliner Mietendeckel: „Diese Regelung führte zu einem Rückgang der Nettokaltmieten binnen Jahresfrist um mehr als vier Prozent und damit zu einem sehr hohen Anstieg des Vervielfältigers in der Bundeshauptstadt."

Doch nicht nur Großstädte weisen diese Entwicklungen auf. Auch andere Städte haben ein hohes Niveau an Kaufpreisen im Verhältnis zu den Kaltmieten. In einigen Städten ab 20.000 Einwohner sind die Preise auch bei bis zu 30 Jahresmieten oder drüber hinaus. Die Problematik: je höher der Vervielfältiger, desto niedriger die Erträge für Vermieter.

Der F+B-Wohn-Index bestätigt den Anstieg der Kaufpreise. „Die Nachfrage nach Eigentumswohnungen oder Einfamilienhäusern während der Coronakrise hat die Preisdynamik noch befeuert“, mahnen die Autoren an. Bei den Wohnungsmieten spricht der Index hingegen von einer Stagnation beziehungsweise teilweise von einem leichten Rückgang.

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