Villa Kobe
Die Villa Kobe

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Wissenswertes rund um die Villa Kobe, von aktuellen Ausstellungen bis hin zur Geschichte des Hauses.

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VDIV-Beirats-Newsletter - Ausgabe 4/2019

VDIV-Beirats-Newsletter Ausgabe 4/2019

1. Kompakt: Entscheidungen aus WEG- und Mietrecht

Härtefallabwägung bei einer Mieterhöhung nach Modernisierung

Bei der Prüfung eines Härteeinwandes nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB im Rahmen einer Modernisierungsmieterhöhung kommt es bei der Interessenabwägung der Mietvertragsparteien auf die Umstände des Einzelfalles an. Es ist zwar zu prüfen, ob die Wohnungsgröße angemessen ist, aber auch die Verwurzelung des Mieters sowie seine gesundheitliche Verfassung zu berücksichtigen. Ausgeschlossen ist der Härteeinwand nach § 559 Abs. 4 Satz 2 BGB jedoch dann, wenn die Modernisierungsmaßnahme aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung des Vermieters durchgeführt wurde.

Der Fall
Der Mieter (Kläger) bewohnt seit seinem fünften Lebensjahr eine knapp 86 qm große Wohnung in Berlin, die er inzwischen allein nutzt. Der Mietvertrag über die in einem 1929 erbauten Mehrfamilienhaus liegende Wohnung wurde von den Eltern des Mieters im Jahre 1962 abgeschlossen. Der Mieter bezieht Arbeitslosengeld II und erhält zur Deckung der Wohnungsmiete monatlich einen Betrag von 463,10 Euro. Die Kaltmiete der Wohnung betrug im Juni 2016 574,34 Euro.

Nachdem die Vermieterin Dämmungsarbeiten an der obersten Geschossdecke und der Außenfassade durchführen ließ, die bisherigen Balkone durch größere Balkone ersetzte sowie seit den 1970er-Jahren stillgelegten Fahrstuhl wieder in Betrieb nahm, wurde die Miete zum 01.01.2017 um 240 Euro angehoben (davon 70 Euro für die Dämmungen, 100 Euro für den Anbau neuer Balkone, weitere 70 Euro für den Fahrstuhl).

Der Mieter wendete daraufhin ein, dass die Mieterhöhung für ihn eine unzumutbare finanzielle Härte bedeute und klagte auf Feststellung, dass er nicht zur Zahlung der verlangten Mieterhöhung von 240 Euro monatlich verpflichtet sei.

Nachdem das Amtsgericht lediglich feststellte, dass der Mieter zwar nicht zur Zahlung der Mieterhöhung von 70 Euro für die Wiederinbetriebnahme des Fahrstuhls verpflichtet sei, im Übrigen jedoch die Klage des Mieters abgewiesen hatte, wurde vom Berufungsgericht die Klage abgeändert. Es stellte fest, dass der Mieter aufgrund seines Härteeinwandes zur Zahlung der Mieterhöhung nicht verpflichtet sei.

Die beklagte Vermieterin machte sodann im Revisionsverfahren geltend, dass nach den für staatliche Transferleistungen geltenden Vorschriften für einen Einpersonenhaushalt lediglich eine Wohnfläche von 50 qm als angemessen gelte. Die 86 qm große Wohnung des Mieters übersteige diese Grenze erheblich.

Die Entscheidung
Der BGH hat den Einwand der Vermieterin nicht durchgreifen lassen. Der BGH begründet seine Entscheidung damit, dass bei der nach § 559 Abs. 4 Satz 1 BGB vorzunehmenden Abwägung die Wohnungsgröße zulasten des Mieters zwar mit einzubeziehen ist. Jedoch ist darüber hinaus abzuwägen, ob der Mieter trotz des Refinanzierungsinteresses des Vermieters seinen bisherigen Lebensmittelpunkt beibehalten darf.

Es kommt laut BGH bei der Abwägung darauf an, ob die vom Mieter genutzte Wohnung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, etwa auch der Verwurzelung des Mieters in der Wohnung und seine gesundheitliche Verfassung, für seine Bedürfnisse angemessen ist. Vorliegend lebte der Mieter schon seit 55 Jahren in der Wohnung, so dass ihm nicht vorgeworfen werden konnte, dass er schon seit Beginn des Mietverhältnisses „über seinen Verhältnissen“ lebte.

Auch wenn der BGH damit die rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts zum Vorliegen einer unzumutbaren Härte gebilligt hat, musste die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen werden, da keine ausreichenden Feststellungen zum Vorliegen von Ausnahmefällen des § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 und 2 BGB vom Berufungsgericht getroffen worden waren.

Denn bei Vorliegen der Ausnahmefälle ist ein Härtefalleinwand des Mieters gesetzlich ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hatte bezüglich der Modernisierungsmaßnahme „Vergrößerung der Balkone auf 5 m2“ nicht geprüft, ob Balkone dieser Größe allgemein üblich sind. Auch hinsichtlich der „Fassadendämmung“ hatte das Landgericht verkannt, dass § 9 Abs. 1 EnEV dem Eigentümer im Falle der Erneuerung des Außenputzes an Fassadenflächen zwar vorgibt, Wärmedämmmaßnahmen durchzuführen, jedoch keine Verpflichtung besteht, den Außenputz vollständig zu erneuern. § 559 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 BGB schließt den Härteeinwand des Mieters nur dann aus, wenn der Vermieter die Durchführung einer Modernisierungsmaßnahme nicht zu vertreten hat, er sich also aufgrund zwingender gesetzlicher Vorschriften nicht entziehen kann.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 9.10.2019, Az. VIII ZR 21/19

Kein Anspruch auf Baumfällen bei Einhaltung des Grenzabstandes

Ein Grundstückseigentümer kann in aller Regel von seinem Nachbarn nicht die Beseitigung von Bäumen wegen der von ihnen ausgehenden natürlichen Immissionen auf sein Grundstück verlangen, wenn die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten worden sind.

Der Fall
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke, die in Baden-Württemberg belegen und mit Wohnhäusern bebaut sind. Auf dem Grundstück des Beklagten stehen in einem Abstand von mindestens zwei Meter zu der Grenze drei ca. 18 Meter hohe, gesunde Birken. Wegen der von den Birken ausgehenden Immissionen (Pollenflug, Herausfallen der Samen und Früchte, Herabfallen der leeren Zapfen sowie der Blätter und Birkenreiser) verlangt der Kläger mit seinem Hauptantrag deren Entfernung und hilfsweise eine monatliche Zahlung von jeweils 230 € in den Monaten Juni bis November eines jeden Jahres.

Die Entscheidung
Der BGH hat der zugelassenen Revision des beklagten Eigentümers stattgegeben und damit das erstinstanzliche Urteil, welches die Klage des Nachbarn im Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen hatte, wieder hergestellt. Der Bundesgerichtshof führt in seiner Begründung aus, dass ein Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 BGB voraussetzt, dass der Beklagte ein Störer im Sinne dieser Vorschrift sein muss. Hierfür genügt jedoch nicht bereits das Eigentum an dem Grundstück, von dem die Einwirkung ausgeht. Vielmehr muss festgestellt werden, ob es Sachgründe gibt, dem Grundstückseigentümer die Verantwortung für das Geschehen aufzuerlegen. Wenn es um durch Naturereignisse ausgelöste Störungen geht, ist entscheidend, ob sich die Nutzung des Grundstücks von dem die Beeinträchtigungen ausgehen, im Rahmen ordnungsgemäßer Bewirtschaftung hält. In aller Regel ist von einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung auszugehen, wenn –wie hier gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 4a i. V. m. Abs. 2 Satz 1 NRG-BW a. F. – die für die Anpflanzung bestehenden landesrechtlichen Abstandsregelungen eingehalten sind. Kommt es trotz der Einhaltung der Abstandsgrenzen zu natürlichen Immissionen auf dem Nachbargrundstück, ist der Eigentümer des Grundstücks hierfür nach der von dem Gesetzgeber vorgenommenen Wertung regelmäßig nicht verantwortlich. Der BGH weist zwar darauf hin, dass grundsätzlich der Landesgesetzgeber nicht dem Nachbarn Rechte nehmen könne, die sich aus § 1004 Abs. 1 BGB ergeben, jedoch müsse die (Vor-)Frage gestellt werden, ob ein Grundstücks-eigentümer für natürliche Immissionen verantwortlich sei. Sobald dies ausscheidet, gibt es auch keinen Konflikt zwischen den Regeln des BGB und den landesrechtlichen Vorschriften. Da der Grundstückseigentümer für die Beeinträchtigungen nicht verantwortlich ist, scheidet auch ein Ausgleichsanspruch nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB vollständig aus.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.9.2019, Az. V ZR 218/18

Bezugnahme auf Mietspiegel der Nachbargemeinde für Mieterhöhung nicht immer zulässig

Für die Begründung eines Mieterhöhungsverlangens kann der Mietspiegel einer Nachbargemeinde nur dann herangezogen werden, wenn eine Gesamtbetrachtung der Verhältnisse des Einzelfalls zu einer Vergleichbarkeit der benachbarten Städte führt. Wesentliche Kriterien sind dabei Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur sowie kulturelle Angebote.

Der Fall
Die Vermieterin eines großen Anwesens in der Stadt Stein, welche unmittelbar an das westliche Gemeindegebiet der Stadt Fürth bei Nürnberg angrenzt, verlangte von der Mieterin einer Mieterhöhung um 345,00 Euro ab dem 01.01.2014 zuzustimmen, nachdem die Miete seit Beginn des Mietverhältnisses im Jahr 2004 unverändert 3.000,00 Euro betrug. In dem Mieterhöhungsverlangen nahm die Vermieterin auf den beigefügten Mietspiegel der Stadt Fürth Bezug. Die Stadt Stein hat etwa 15.000 Einwohner, während in Fürth etwa 125.000 Menschen leben. Die Stadt Stein hat eine Bevölkerungsdichte von 768 Personen pro Quadratkilometer, während in Fürth 1.960 Personen pro Quadratkilometer leben.

Fürth verfügt im Gegensatz zu Stein über U- und S-Bahnanschluss und Einrichtungen wie Krankenhäuser, Kinos und Theater. Die Mieterin stimmt dem Mieterhöhungsverlangen nicht zu. Sie führt als Argument an, dass der Mietspiegel der Stadt Fürth nicht herangezogen werden dürfe, um eine Mieterhöhung in Stein zu begründen. Beide Städte seien nicht vergleichbar. Die Vermieterin ist der Ansicht, dass beide Gemeinden schon aufgrund der unmittelbaren Nähe zu Nürnberg vergleichbar seien und sich dies auch bei den Grundstückspreisen niederschlage. Die auf Zustimmung zu der verlangten Mieterhöhung gerichtete Klage der Vermieterin hatte weder vor dem Amtsgericht noch dem Berufungsgericht Erfolg.

Die Entscheidung
Der BGH stellt bestätigend fest, dass das Mieterhöhungsverlangen der Vermieterin den formellen Anforderungen des § 558a Abs.1, Abs.2 Nr. 1, Abs.4 Satz 2 BGB nicht genügt, da der Mietspiegel der Stadt Fürth zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens für das in der Stadt Stein gelegene Mietobjekt nicht geeignet ist. Das Mieterhöhungsverlangen muss in formeller Hinsicht Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet und der Mieter diese Angaben zumindest ansatzweise überprüfen kann. Diese Voraussetzungen sind durch die Bezugnahme auf den Mietspiegel der Nachbarstadt Fürth vorliegend nicht erfüllt. Denn der Mietspiegel einer anderen Gemeinde ist nach § 558a BGB nur dann ein taugliches Mittel, wenn es sich um den Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

Bei den Städten Stein und Fürth handelt es sich jedoch nicht um vergleichbare Gemeinden im Sinne des § 558a Abs.4 Satz 2 BGB. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Vergleichbarkeit zweier Gemeinden gegeben ist, muss eine Gesamtbetrachtung aller Kriterien des Einzelfalls und deren anschließender Gewichtung und Abwägung erfolgen. Für die Gesamtbetrachtung des Einzelfalls sind wichtige Kriterien wie Einwohnerzahl, Bevölkerungsdichte, Infrastruktur und das jeweilige kulturelle Angebot zu berücksichtigen und abzuwägen. Hierin unterscheiden sich beide Städte jedoch wesentlich. Der Ort Stein verfügt nicht wie Fürth als sogenanntes Oberzentrum über zentralörtliche Einrichtungen der Grundversorgung sowie weitere Einrichtungen des spezialisierten höheren Bedarfs. Zudem befindet sich im Stadtgebiet der Stadt Stein weder eine U-Bahn- noch eine S-Bahn-Haltestelle, welche für die Erreichbarkeit der infrastrukturellen Angebote für die Einwohner von Bedeutung ist. Die unmittelbare örtliche Nähe beider Gemeinden zu Nürnberg, welches sich auch bei den Grundstückspreisen niederschlägt, kann keine Vergleichbarkeit beider Städte begründen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.8.2019, Az. VIII ZR 255/18

Umfang des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO – auch Gesprächsvermerke oder Telefonnotizen sind relevant

Am 26.07.2019 hat das OLG Köln in einem Urteil zum Aktenzeichen 20 U 75/18 zum Umfang des Auskunftsanspruchs nach der DSGVO entschieden. Nach Art. 15 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen ob und ggf. welche personenbezogenen Daten von ihm verarbeitet werden. Der Begriff der personenbezogenen Daten ist in Art. 4 Nr. 1 DSGVO definiert. Danach sind „personenbezogene Daten“ alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen.

Der Fall
In dem zugrundeliegenden Fall hatte ein Versicherungsunternehmen die von einem Versicherungsnehmer begehrte Auskunft auf die im Rahmen des Vertragsverhältnisses gespeicherten Stammdaten beschränkt.

Das OLG Köln hat unter Verweis auf die bislang existierende Kommentarliteratur zu Art. 4 DSGVO ausgeführt, dass unter den Begriff der personenbezogenen Daten außer den im Kontext verwendeten Identifikationsmerkmalen (z.B. Name, Anschrift und Geburtsdatum) und äußeren Merkmalen (wie Geschlecht, Augenfarbe, Größe und Gewicht) auch innere Zustände (z.B. Meinungen, Motive, Wünsche, Überzeugungen und Werturteile) sowie sachliche Informationen wie etwa Vermögens- und Eigentumsverhältnisse, Kommunikations- und Vertragsbeziehungen und alle sonstigen Beziehungen der betroffenen Person zu Dritten und ihrer Umwelt fallen. „Personenbezug haben danach letztendlich alle Aussagen, die eine subjektive und/oder objektive Einschätzung zu einer identifizierten oder identifizierbaren Person liefern.“

Die Entscheidung
Vor diesem Hintergrund hat das OLG Köln entschieden, dass auch elektronisch gespeicherte Vermerke zu den mit dem Versicherungsnehmer geführten Telefonaten und sonstigen Gesprächen der Auskunftspflicht unterliegen. Jedenfalls „soweit in Gesprächsvermerken oder Telefonnotizen Aussagen des Klägers oder Aussagen über den Kläger festgehalten sind, handelt es sich hierbei ohne weiteres um personenbezogene Daten.“

Auch den Einwand des Versicherungsunternehmens, dass es für Großunternehmen, die einen umfangreichen Datenbestand verwalten, wirtschaftlich unmöglich sei, Dateien auf personenbezogene Daten zu durchsuchen und zu sichern, ließ das OLG nicht gelten. Es sei vielmehr Sache des Verantwortlichen, der sich der elektronischen Datenverarbeitung bedient, diese im Einklang mit der Rechtsordnung zu organisieren und insbesondere dafür Sorge zu tragen, dass dem Datenschutz und den sich hieraus ergebenden Rechten Dritter Rechnung getragen wird.

Das OLG Köln hat in dem o. g. Urteil hinsichtlich der Frage des Umfangs des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO für das beklagte Versicherungsunternehmen die Revision zugelassen. Insoweit bleibt abzuwarten, wie der BGH sich zu der Thematik positioniert.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 26.7.2019, Az. 20 U 75/18 

BGH zur Auslegung von Vertretungsbeschränkungen in der Teilungserklärung: Juristische Personen und natürliche Personen dürfen nicht gleich behandelt werden

Grundsätzlich darf sich jeder Wohnungseigentümer in der Versammlung durch eine beliebige andere Person vertreten lassen. Etwas anderes gilt, wenn – wie in der Praxis häufig – in der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung (TE/GO) Einschränkungen vereinbart sind. Dass Vertretungsbeschränkungen erlaubt sind, ist längst geklärt. Noch ungeklärt war, wie eine auf natürliche Personen zugeschnittene Vertretungsklausel (z. B. Ehegatten, Familienangehörige, Verwandte in gerader Linie) auszulegen und anzuwenden sind, wenn sich eine juristische Person nicht durch ihren organschaftlichen Vertreter (z. B. Vorstand, Geschäftsführer, geschäftsführender Gesellschafter) vertreten lassen will, sondern einen Angestellten oder sonstigen Mitarbeiter. Hierzu bezog der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr Stellung.

Mit Urteil vom 28. Juni 2019 zum gerichtlichen Aktenzeichen V ZR 250/18 hat der BGH entschieden, dass sich eine juristische Person in der Eigentümerversammlung jedenfalls dann auch von einem Mitarbeiter einer zum selben Konzern gehörenden weiteren Tochtergesellschaft vertreten lassen darf, wenn diese für die Verwaltung der Sondereigentumseinheiten in der betreffenden WEG zuständig ist. 

Der Fall
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft in Thüringen, die aus 43 Wohnungen besteht, gehören 22 Wohnungen der T. GmbH und die restlichen 21 Wohnungen den übrigen Wohnungseigentümern. In § 9 Ziff. 6 TE/GO ist vereinbart:

„Ein Wohnungseigentümer kann sich nur durch seinen Ehegatten, einen anderen Wohnungseigentümer aus der Gemeinschaft oder den Verwalter in der Versammlung vertreten lassen. Der Vertreter bedarf einer schriftlichen Vollmacht, die dem Verwalter spätestens vor Beginn der Versammlung auszuhändigen ist.”

Die T. GmbH ist eine nahezu 100prozentige Tochtergesellschaft einer Management-Holding. Zum T.-Konzern gehört neben der T. GmbH auch das weitere Tochterunternehmen TA. GmbH. Diese übt die Funktion der konzernweiten einheitlichen Verwaltungsgesellschaft aus. Alle konzernangehörigen Gesellschaften einschließlich der T. GmbH (Anfechtungsklägerin) haben der TA. GmbH eine Vollmacht für die Verwaltung ihrer Sondereigentumseinheiten erteilt. Dementsprechend wurde der gesamte Schriftverkehr mit dem WEG-Verwalter nicht von der Klägerin persönlich geführt, sondern über die TA. GmbH abgewickelt.

In der Eigentümerversammlung vom 12.12.2016 stand die Wiederbestellung des WEG-Verwalters auf der Tagesordnung. Die Klägerin erteilte einer Mitarbeiterin der TA. GmbH eine schriftliche Stimmrechtsvollmacht mit der Berechtigung, Untervollmacht zu erteilen. Der Versammlungsleiter (WEG-Verwalter) wies die ihm vor Beginn der Versammlung von der Mitarbeiterin vorgelegte Original-Vollmacht zurück. Er war unter Hinweis auf einen Interessenkonflikt auch nicht bereit, sich von der Mitarbeiterin eine Untervollmacht erteilen zu lassen. Der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats lehnte es ebenfalls ab, die ihm angetragene Untervollmacht für die Klägerin auszuüben. Die Mitarbeiterin musste den Versammlungsraum verlassen. Ohne Berücksichtigung der Stimmen der Klägerin beschlossen die Wohnungseigentümer mit 14 Ja-Stimmen die Wiederbestellung des WEG-Verwalters. Da laut TE/GO nach dem Objektprinzip abgestimmt wird, hätte die Klägerin – wären ihre Stimmen mitgezählt worden – mit 22:14 gegen die Wiederbestellung gestimmt. Der Beschlussantrag über die Wiederbestellung wäre mithin abgelehnt worden.

Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage wies das Amtsgericht ab. Das für Thüringen zuständige zentrale WEG-Berufungsgericht in Gera änderte das amtsgerichtliche Urteil ab und erklärte den Beschluss über die Wiederbestellung für ungültig. Die Revision wurde zugelassen und von den beklagten Wohnungseigentümern eingelegt. Der BGH bestätigt die Vorinstanz.

Die Entscheidung
Das Verhalten des Versammlungsleiters war rechtswidrig. Daher war der Beschluss für ungültig zu erklären. Die Klausel in der TE/GO sei sprachlich („Ehegatten”) auf natürliche Personen zugeschnitten und daher erkennbar lückenhaft. Diese Regelungslücke müsse im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung (der Teilungserklärung) geschlossen werden. Hierbei sei erkennbar, dass im Ausgangspunkt nicht nur natürliche, sondern auch juristische Personen dem Grundsatz der Vertretungsbeschränkung unterliegen müssten. Denn die Privilegierung einer juristischen Person, der Wohnungen gehören, gegenüber anderen Wohnungseigentümern sei nicht gerechtfertigt. Andererseits dürfe eine juristische Person im Vergleich mit anderen Wohnungseigentümern nicht benachteiligt werden, indem eine Stimmrechtsvertretung in der Versammlung nur durch organschaftlichen Vertreter erlaubt sei. Das hinter der Vertretungsbeschränkung stehende Interesse, gemeinschaftsfremde Einwirkungen von der Willensbildung in der Versammlung fernzuhalten, auf der einen Seite und die Bedeutung des Stimmrechts, das auch bei juristischen Personen zum Kernbereich elementarer Mitgliedschaftsrechte gehöre, auf der anderen Seite seien dahin miteinander in Einklang zu bringen, dass auch rechtsgeschäftliche Vertreter der juristischen Person in die Versammlung entsandt werden dürften.

In diesem Zusammenhang merkt der BGH an, dass – je nach den Umständen des Einzelfalles und so auch hier – nicht zwingend gefordert werden dürfe, dass der Stimmrechtsvertreter ein unternehmenseigener Mitarbeiter ist. Habe ein Konzern die Liegenschaftsverwaltung auf eine rechtlich eigenständige Tochtergesellschaft ausgegliedert, sei es nicht zu beanstanden, wenn diese Tochter einen Mitarbeiter entsende, sofern dieser als Sachbearbeiter mit den Vorgängen um die betreffenden Sondereigentumseinheiten vertraut sei. Unter dieser Voraussetzung dürfe der Mitarbeiter einer anderen Konzerntochter angehören. Im vorliegenden Fall lagen diese Voraussetzungen nach dem unstreitigen Sachverhalt vor. Daher war die Mitarbeiterin der TA. GmbH berechtigt, die Klägerin in der Versammlung zu vertreten.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 28.6.2019, Az. V ZR 250/18 

Keine Duldung baulicher Eingriffe an gemeinsamer Giebelwand

Der Eigentümer eines Grundstücks muss Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge einer Wärmedämmung am Nachbargebäude notwendig werden, nicht dulden. Er hat nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens der Wärmedämmung an der Grenzwand auf sein Grundstück hinüberragen.

Der Fall
Die Parteien sind Eigentümer unmittelbar aneinandergrenzender, in Hessen gelegener Reihenhäuser, die im Jahr 1976 in einer versetzten Bauweise errichtet wurden. Der klagende Eigentümer ließ im Rahmen einer Sanierung seines Reihenhauses eine außenseitige Fassadendämmung anbringen. Der unmittelbar an das Reihenhaus seines Nachbarn angrenzende und aufgrund der versetzten Bauweise frei liegende Teil der Wand des Reihenhauses einschließlich eines schmalen Streifens im Dachbereich ist bislang nicht gedämmt. Die dafür vorgesehene Außendämmung nebst Putz würde die Grenze zum Grundstück des Nachbarn um 11 cm überschreiten. Zu deren Anbringung wären ebenfalls bauliche Eingriffe an der Fassade des Nachbarhauses erforderlich, zudem müsste der Dachbereich des Nachbarhauses geöffnet werden. Damit ist der Nachbar nicht einverstanden. Der Eigentümer verlangt mit seiner Klage, es ihm zu erlauben, das Grundstück des Nachbarn zu betreten, um die Wärmedämmung an der zum Grundstück des Nachbarn gelegenen Wand anzubringen und die hierzu erforderlichen Arbeiten am Dachanschluss auszuführen.

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat diese abgewiesen. Letzteres verneinte einen Anspruch auf der Grundlage nach § 10 a NachbG HE. Es begründete seine Entscheidung unter anderem damit, dass die anzuwendende Norm eng ausgelegt werden müsse. Bei einer konkreten Abwägung der beiderseitigen Interessen sei keine nur geringfügige Beeinträchtigung des betroffenen Grundstückes gegeben. Denn der Nachbar hätte nicht nur den Überbau, sondern auch Veränderungen am eigenen Haus zu dulden.

Die Entscheidung
Der BGH bestätigt im Ergebnis die Entscheidung des Berufungsgerichts, sodass die Revision des klagenden Eigentümers keinen Erfolg hat. Der BGH merkt aber an, dass das Berufungsgericht ohne hinreichende Feststellungen von dem Vorliegen einer Grenzwand ausgegangen sei. Jedoch kommt es auf diese hier streitige Frage nach Ansicht des BGH nicht an. Denn der Beklagte ist jedenfalls nicht verpflichtet, bauliche Veränderungen an den auf seinem Grundstück vorhandenen Gebäuden und deren Substanz zu dulden. Der Eigentümer eines Grundstücks hat nach § 10a Abs. 1 NachbG HE nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen. Demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden. Eingriffe in das Eigentumsrecht sind auf ein Mindestmaß zu beschränken. Vorliegend hätte der Nachbar auch Veränderungen an Bauteilen seines Gebäudes zu dulden gehabt. Es wäre die Entlüftungsöffnung in der Außenwand zu verlegen gewesen sowie dessen Dach hätte geöffnet werden müssen. Eine Duldungspflicht derartiger Eingriffe in das Eigentum besteht nicht.

Der BGH stellt auch klar, dass eine solche Duldungspflicht auch dann nicht bestehen würde, wenn es sich bei der zu dämmenden Wand um eine gemeinsame Grenzeinrichtung (Nachbarwand) im Sinne des § 921 BGB handeln sollte. Denn über die Vorschriften der Gemeinschaft nach §§ 921,922 Satz 4 BGB kommt § 745 Abs. 2 BGB zur Anwendung, wonach jeder Teilhaber eine dem Interesse aller Teilhaber nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen kann.

Das Anbringen einer Wärmedämmung auf eine Wand der gemeinsamen Grenzeinrichtung stellt grundsätzlich eine Verwaltungsmaßnahme im Sinne dieser Vorschrift dar. Jedoch bezieht sich die Duldung baulicher Eingriffe allein auf den gemeinschaftlichen Gebäudeteil und nicht auf Gebäudeteile, die nicht der gemeinsamen Verwaltung unterliegen. 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 14.6.2019, Az. V ZR 144/18 

2. Gesetzliche Änderungen und Entwürfe

Steuerliche Entlastungen für Wohnimmobilieneigentümer müssen warten ‒ nationaler Zertifikatehandel für CO2 kommt

Die im Klimapaket der Bundesregierung beschlossenen steuerlichen Maßnahmen und damit auch die Entlastungen für Haus- und Wohnungseigentümer, die energetische Sanierungsmaßnahmen vornehmen, wurden vom Bundesrat in seiner Sitzung am 29. November 2019 in den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Länderkammer verwiesen. Dort sollen sie grundlegend überarbeitet werden. Gebilligt wurde dagegen das Brennstoffemissionshandelsgesetz.

Es verpflichtet Unternehmen, die mit Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Benzin, Kohle und Diesel handeln, für den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Produkte ab 2021 ein Zertifikat zu erwerben. Der Preis startet bei zehn Euro pro Tonne und steigt bis 2025 stufenweise auf 35 Euro je Tonne an. Ab 2026 müssen die Verschmutzungsrechte ersteigert werden. Der Preiskorridor ist dabei auf 35 bis 60 Euro pro Tonne festgelegt.

Die Bundesregierung plant, die zusätzlichen Einnahmen aus der CO2-Bepreisung in Maßnahmen des Klimaschutzprogramms investieren und teilweise als Ausgleich für höhere Kosten an die Verbraucher zurückgegeben. So wird mittelfristig die EEG-Umlage als Gegengewicht zur neuen CO2-Bepreisung gesenkt: Sie soll ab 2021 um 0,25 Cent pro Kilowattstunde sinken, ab 2022 um 0,5 Cent und ab 2023 um 0,625 Cent.

Immobilieneigentümer, die auf steuerliche Entlastungen bei zukünftigen energetischen Sanierungen gehofft hatten, müssen sich dagegen gedulden. Hier ist noch keine Entscheidung im Vermittlungsausschuss von Bund und Ländern gefallen. Ursprünglich war vorgesehen, für den Austausch von Heizungen, das Dämmen von Außenwänden und andere entsprechende Maßnahmen zusätzliche Fördermittel bereitzustellen. Beispielsweise sollte der Austausch alter Fenster gegen moderne Wärmeschutzfenster steuerlich begünstigt werden. Auch eine Austauschprämie für Ölheizungen gehörte zu den Vorhaben. Bei Umstellung auf erneuerbare Wärme oder eine effiziente hybride Gasheizung ist eine Förderung in Höhe von 40 Prozent der Kosten geplant gewesen.

Ziel des Klimapakets ist es, dass Deutschland seinen Treibhausgasausstoß bis 2030 um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu 1990 verringert. Damit das Klimaziel nicht verfehlt wird, definiert das Gesetz unter anderem, wieviel CO2 die Bereiche Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft, Energie und Industrie bis 2030 noch ausstoßen dürfen. Ab 2030 sollen die zulässigen Emissionswerte per Rechtsverordnung festgelegt werden. Erfüllt ein Sektor seine gesetzlich vorgegebenen Ziele nicht, muss das zuständige Bundesministerium der Bundesregierung innerhalb von drei Monaten ein Sofortprogramm vorlegen. Bevor die Bundesregierung über die darin vorgeschlagenen Maßnahmen entscheidet, werden sie vom Expertenrat geprüft. 

Grundsteuerreform ist beschlossene Sache

Die Grundsteuerreform hat Bundestag und Bundesrat passiert. Damit kann das Gesetzespaket aus Grundgesetzänderung sowie Änderung des Grundsteuer- und Bewertungsrechtes wie geplant in Kraft treten und die Bundesländer können die Abgabe ab dem Jahr 2025 nach neuen Regeln erheben.

Mit der Reform ändert sich insbesondere die Bewertung der Grundstücke. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, das die noch geltende Einheitsbewertung für verfassungswidrig erklärt. Künftig erfolgt sie mittels eines wertabhängigen Modells. Bei unbebauten Grundstücken ist dafür der Wert maßgeblich, der durch unabhängige Gutachterausschüsse ermittelt wird. Ist das Grundstück bebaut, werden in die Berechnung der Steuer auch Erträge wie Mieten einbezogen. Die grundsätzliche Struktur der Grundsteuer bleibt aber weiterhin bestehen: Sie wird in einem dreistufigen Verfahren ermittelt, dessen Komponenten der Grundstückswert, die Multiplikation der Grundstückswerte mit einer Steuermesszahl und der Hebesatz der jeweiligen Kommune sind. 

Ausnahmen möglich

Durch eine Öffnungsklausel im Gesetz ist es den Bundesländern möglich, vom Wertmodell bei der Berechnung der Grundsteuer abzuweichen und eigene Vorgaben zu erstellen. Sollten ihnen dadurch Steuermindereinnahmen entstehen, dürfen diese jedoch nicht in die Berechnungen für den Länderfinanzausgleich einfließen. Um diese Regelung zu ermöglichen, war das Grundgesetz vorab geändert worden.

Bundeskabinett hat neues Gebäudeenergiegesetz beschlossen

Das Bundeskabinett hat den Entwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) beschlossen. Damit werden die bisher parallel laufenden Regeln von Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zusammengeführt. Ziel ist ein aufeinander abgestimmtes Regelwerk für die energetischen Anforderungen an Neubauten und Bestandsgebäude sowie für den Einsatz erneuerbarer Energien zur Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden.

Das neue GEG setzt dabei die europäischen Vorgaben zur Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden um. Ein wichtiger Punkt: Das energetische Anforderungsniveau für Neubauten und Sanierungen der bestehenden EnEV wird nicht verschärft. Eine Überprüfung erfolgt im Jahr 2023. Der GEG-Entwurf sieht außerdem Flexibilisierungsoptionen bei der Erfüllung der energetischen Neubaustandards vor. Durch eine bessere Anrechnung von gebäudenah erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien besteht die Möglichkeit, die energetischen Vorgaben an Neubauten mit wirtschaftlichen und nachhaltigen Lösungen zu erfüllen.

Neuerungen und Förderungen

Als eine Neuerung zum Referentenentwurf von Mai 2019 wurde das im Klimapaket beschlossene Einbauverbot von Ölheizungen ab 2026 in das Papier aufgenommen. Es werden jedoch Ausnahmen formuliert. So ist für Bestandsgebäude der Einbau einer Ölheizung weiterhin möglich, wenn Erdgas oder Fernwärme nicht zur Verfügung stehen und die anteilige Nutzung von erneuerbaren Energien technisch nicht möglich ist oder zu einer unbilligen Härte führt. Die bereits in der EnEV enthaltene Austauschpflicht für Öl- und Gasheizkessel, die älter als 30 Jahre sind, wurde in das GEG integriert. Für Eigentümer gibt es Investitionszuschüsse über das CO2-Gebäudesanierungsprogramm, das Marktanreizprogramm für Wärme aus erneuerbaren Energien und das Heizungsoptimierungsprogramm.

Verschärfte Mietpreisbremse wird verlängert – reines Bestellerprinzip beim Immobilienkauf kommt nicht
Das Bundeskabinett hat die Verlängerung der verschärften Mietpreisbremse beschlossen. Die Bundesländer erhalten dadurch die Möglichkeit bis Ende 2025 Gebiete festzulegen, in denen sie gelten soll. Nach derzeitiger Rechtslage können sie entsprechende Verordnungen nur bis Ende 2020 erlassen. Zudem hat die Bundesregierung neue Regelungen zur Maklerprovision beim Kauf selbstgenutzter Immobilien auf den Weg gebracht.

Sollte der Gesetzentwurf so vom Bundestag beschlossen werden, haben Mieter das Recht, bei einem Verstoß gegen die Mietpreisbremse zu viel gezahlte Miete bis zu einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren auch rückwirkend zurückzuverlangen. Voraussetzung wäre lediglich, dass sie den Verstoß gegen die Mietpreisbremse innerhalb dieses Zeitraums nach Beginn des Mietverhältnisses rügen. Momentan ist es so, dass eine rückwirkende Wirkung ausgeschlossen ist.

Wird die Rüge erst ausgesprochen, nachdem die 30-Monatsfrist abgelaufen oder das Mietverhältnis bereits beendet ist, bleibt die alte Regelung bestehen. Der VDIV hatte sich für deutliche kürzere Fristen ausgesprochen, um möglichst zeitnah Rechtssicherheit für Vermieter und Immobilienverwalter zu gewährleisten.

Verlängerter Betrachtungszeitraum für Vergleichsmiete

Ebenfalls geändert werden soll der Betrachtungszeitraum für die Berechnung der ortüblichen Vergleichsmiete. Fließen nach aktueller Rechtslage die Mietverträge, die in den zurückliegenden vier Jahren abgeschlossen wurden, in die Ermittlung ein, wird der Betrachtungszeitraum nun auf sechs Jahre ausgedehnt. Bis Jahresende soll auch ein Gesetzentwurf zur Reform des Mietspiegelrechts vorliegen.

Teilung der Maklerkosten bei Kauf selbstgenutzter Immobilie

Neben Änderungen am Mietrecht wurden die Vorgaben für die Maklerprovision beim Kauf selbstgenutzter Immobilien geändert. Beim Kauf einer Wohnung oder eines Einfamilienhauses wird künftig die Vertragspartei, die den Makler nicht beauftragt hat, maximal die Hälfte der Courtage zahlen. Dieser Anteil ist erst dann fällig, wenn der Besteller des Maklers nachgewiesen hat, seinen Anteil geleistet zu haben. Die SPD hatte sich für die Einführung eines reinen Bestellerprinzips eingesetzt, bei dem in der Regel die Verkäuferseite einer Immobilie die Maklerprovision hätte allein tragen müssen. Mit dieser Forderung konnten sich die Sozialdemokraten jedoch nicht durchsetzen. 

3. Modernisieren, Sanieren und Instandhalten

Masterplan Ladeinfrastruktur der Bundesregierung vernachlässigt private Mehrfamilienhäuser

Das Bundeskabinett hat den Masterplan Ladeinfrastruktur beschlossen. Sein Ziel: zügig ein flächendeckendes und nutzerfreundliches Netz aus öffentlichen Lademöglichkeiten zu schaffen. So sollen deutlich mehr Bürger motiviert werden, sich für ein elektrisch betriebenes Fahrzeug zu entscheiden. Denn nur, wer sein E-Auto unkompliziert laden kann, wird eines kaufen.

Private Ladeinfrastruktur muss stärker gefördert werden

Bis 2030 soll die Summe der bisher öffentlich zugänglichen Ladestationen von 21.000 auf eine Million erhöht werden. Denn anders ist das von der Bundesregierung bereits früher ausgegebene Ziel, bis dahin zehn Millionen E-Autos auf die Straße zu bringen, nicht zu erreichen. Allein 50.000 öffentlich zugängliche Ladepunkte werden hierfür in allein in den nächsten zwei Jahren errichtet.

Außerdem sieht der Masterplan für 2020 Fördergelder in Höhe von 50 Mio. Euro für den Aufbau einer privaten Ladeinfrastruktur vor. Hierbei sind die allein zehn Millionen Eigentumswohnungen in circa 1,8 Millionen Wohnungseigentümergemeinschaften mit ihren etwa vier Millionen Pkw-Stellplätzen jedoch nicht ausreichend berücksichtigt. Daher kann die Summe nur als Auftakt verstanden werden, dem deutlich mehr Mittel in den kommenden Jahren folgen müssen. Denn allein der Erwerb und der Einbau einer einzelnen Ladestation kostet rund 2.500 Euro – vorausgesetzt das bestehende Stromnetz ist dafür ausgelegt. Bereits 2017 hatte der VDIV Deutschland deshalb ein Sofortprogramm in Höhe von 100 Millionen Euro zur Förderung privater Ladeinfrastruktur in Wohnungseigentümergemeinschaften gefordert.

Miet- und WEG-Recht finden Eingang in Masterplan

Um die Bedingungen für Lademöglichkeiten in Wohnungseigentumsgemeinschaften und Mietshäusern zu vereinfachen, kündigt der Masterplan noch für 2019 einen Gesetzentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an, mit dem das Miet- und Wohnungseigentumsrecht überarbeitet wird. Dabei empfiehlt er, genau wie der Abschlussbericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Reform des Wohnungseigentumsgesetzes vom August dieses Jahres, dass einzelne Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen Anspruch auf den Einbau einer Ladeeinrichtung erhalten. Andere Wohnungseigentümer sollen solche Pläne nur noch unter sehr engen Voraussetzungen verhindern können. Außerdem plädiert er dafür, dass Mieter vom Vermieter die Erlaubnis zum Einbau von Ladeinfrastruktur verlangen dürfen. Die Umsetzung des Gesetzes kündigt der Masterplan bis Ende 2020 an.

Fazit: Die Bundesregierung muss die Voraussetzungen für die Elektromobilität deutlich verbessern. Anders ist das im Klimaschutzplan 2050 fixierte Ziel, die Treibhausgasemissionen in Deutschland bis 2030 insgesamt um rund 55 Prozent gegenüber 1990 zu senken, nicht zu erreichen. Schließlich ist im Verkehrssektor bis 2030 eine Reduktion um circa 40 Prozent vorgesehen. Die hierfür erforderliche Mobilitätswende kann nur mit einer intakten öffentlichen und privaten Ladeinfrastruktur für elektrisch betriebene Fahrzeuge gelingen.

Hilfe für Wohnungseigentümergemeinschaften bei Sanierungsvorhaben

Sanierungen in Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) bieten ein hohes Potenzial für den Klimaschutz. Allerdings sind die Entscheidungsprozesse in WEG komplex und die Umsetzung von solchen Plänen ist langwierig. Denn oft gibt es nicht genügend Unterstützung. Hier setzt das Projekt „WEG der Zukunft″ an.

Teil der Initiative sind die Energieagentur Regio Freiburg, die Bremer Energie-Konsens, die Metropolregion Rhein-Neckar, die Klimaschutzagentur Region Hannover und co2online. Ziel ist es, WEG für energetische Sanierungen zu motivieren und bei der Vorbereitung und Durchführung der Maßnahmen individuell zu helfen. Vertreter der Projektbeteiligten nehmen dafür an Eigentümerversammlungen teil, prüfen den baulichen oder anlagentechnischen Zustand und beraten die Eigentumsparteien zu verfügbaren Fördermitteln.

Das Projekt ist in vier Phasen gegliedert. Die erste Phase dient der Datenerhebung. Dabei werden Sanierungshemmnisse identifiziert und geklärt, welche Unterstützungsbausteine WEG benötigen. In der zweiten Phase werden die Maßnahmen der Kampagne mit Hilfe der Umfrageergebnisse zielgruppengenau geplant und detaillierte Unterstützungsbausteine entwickelt, die in Phase drei umgesetzt und abschließend ausgewertet werden. Am Ende soll die Entwicklung einer langfristigen Strategie stehen, die WEG bei Sanierungsvorhaben nachhaltig unterstützt. 

Risiken von Klimagefahren für die eigene Immobilie abschätzen

Das Gros der Klimaforscher ist sich einig: Das Tempo der Klimaveränderung wird sich im Laufe des Jahrhunderts weiter verschärfen. Infolgedessen ist auch in Deutschland mit einer Zunahme von extremen Wetterereignissen zu rechnen. Für Immobilieneigentümer und potenzielle Käufer ergibt sich dadurch eine völlig andere Risikosituation. Eine neue Web-Anwendung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hilft Eigentümern und Investoren, Risiken rechtzeitig zu erkennen und ggf. baulich vorzusorgen.

Unter » www.gisimmorisknaturgefahren.de können Eigentümer nach der Eingabe objektbezogener Angaben ermitteln, wie gut ihre Immobilie gegen Extremwetter wie Hitze, Starkregen, Hagel oder Sturm geschützt ist. Gleichzeitig wird angezeigt, wie sich durch bauliche Maßnahmen die Risiken und damit mögliche Schäden reduzieren lassen. Die Web-Anwendung ist im BBSR-Projekt „GIS-ImmoRisk – Entwicklung eines Geoinformationssystems zur bundesweiten Risikoabschätzung von zukünftigen Klimafolgen für Immobilien” entstanden. Sie wird in regelmäßigen Abständen an neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Anforderungen angepasst.

Das BBSR arbeitete in dem Projekt mit zahlreichen Partnern aus Wissenschaft und Praxis zusammen, darunter dem Deutschen Wetterdienst, dem Karlsruher Institut für Technologie, dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft, der Deutschen Rück, dem Climate Service Center Germany und dem Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung. Das Projekt begleitete ein Fachbeirat, dem Experten aus Wissenschaft und Praxis angehörten. 

4. Mieten, Kaufen, Wohnen: aktuelle Entwicklungen

Musterfeststellungsklage hat erstmals Erfolg

Zum ersten Mal im deutschen Mietrecht war eine Musterfeststellungsklage vor Gericht erfolgreich. Das Oberlandesgericht München gab einem Mieterverein Recht, der stellvertretend für mehr als 130 Mieter gegen eine Modernisierungsumlage geklagt hat. Streitpunkt war die lange Frist zwischen der Ankündigung einer Modernisierung und ihrer tatsächlich geplanten Umsetzung.

Die Maßnahme war von der Vermieterin und Beklagten Ende 2018 angekündigt worden. Sie sollte aber erst ab Mai 2021 umgesetzt werden. Damit hatte sie noch altes Recht nutzen wollen, das höhere Mieterhöhungen zulässt als sie seit Jahresbeginn 2019 möglich sind. Denn seitdem gilt das neue Mietrecht, nach dem nur noch acht Prozent statt der früheren elf Prozent der Modernisierungskosten auf die Miete umgelegt werden dürfen. Zusätzlich gilt eine Obergrenze von einer erlaubten Erhöhung von zwei beziehungsweise drei Euro pro Quadratmeter pro Monat innerhalb von sechs Jahren nach Modernisierung.

Das Gericht entschied nun, dass die Spanne zwischen der Ankündigung der Modernisierung und der tatsächlichen Durchführung zu lang ist. Der Zeitraum sollte drei Monate betragen. Die Revision zum Bundesgerichtshof wurde zugelassen.

Die Möglichkeit von Musterfeststellungsklagen besteht in Deutschland erst seit November 2018. Eingereicht werden können sie von Verbänden. Mindestens 50 Betroffene müssen sich innerhalb von zwei Monaten der Klage anschließen.

Bundesrat beschließt Initiative Bayerns gegen Mietwucher

Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 29. November 2019 einem Antrag Bayerns zugestimmt, der ein härteres Vorgehen gegen Mietwucher anstrebt. Der beschlossene Gesetzentwurf sieht eine Verdoppelung des derzeit geltenden Bußgeldrahmens auf 100.000 Euro vor. Das derzeit geltende Bußgeld von 50.000 Euro sei angesichts des anhaltend knappen Wohnungsmarktes nicht mehr zeitgemäß, heißt es zur Begründung.

Die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sollen außerdem dafür sorgen, dass Mietwucher leichter anerkannt wird. Danach würde es ausreichen, dass die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um 20 Prozent übersteigt und das Angebot an günstigerem Wohnraum gering ist. Bisher müssen Mieter nachweisen, dass sie sich vergeblich um eine günstigere Wohnung bemüht haben und der Vermieter diese Zwangslage ausgenutzt hat. Das Ausnutzen lasse sich in der Praxis kaum nachweisen, weshalb die Vorschrift zum Mietwucher faktisch ins Leere laufe, begründet der Bundesrat seine Initiative.

Der Gesetzentwurf geht nun an die Bundesregierung. Sie wird dazu eine Stellungnahme verfassen. Anschließend entscheidet der Bundestag über beide Dokumente.

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